Steuerrecht

Aufsichtsratsvergütung

Allgemeines

Aufsichtsratsmitgliedern kann für ihre Tätigkeit eine Vergütung gewährt werden. Sie kann in der Satzung festgesetzt oder von der Hauptversammlung bewilligt werden und soll in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben der Aufsichtsratsmitglieder und zur Lage der Gesellschaft stehen (§ 113 Abs. 1 AktG).

Einen Aufsichtsrat zu bestellen haben grundsätzlich die AG und die KGaA (§§ 95 ff. AktG), die GmbH mit mehr als 500 Arbeitnehmern (§§ 95 ff. AktG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG) sowie Genossenschaften (§§ 36 ff. GenG). Aufgrund des Gesellschaftsvertrags kann die Kontrollbefugnis auch auf ein anderes Gesellschaftsorgan, z.B. auf einen Beirat, übertragen werden.

Jegliche Vergütungen, die für die Überwachung der Geschäftsführung gezahlt werden, werden von § 10 Nr. 4 KStG erfasst. Der Begriff der Überwachung ist weit auszulegen (vgl. FG Düsseldorf Urteil vom 8.3.2005, 6 K 5037/01 K, EFG 2005, 1380; R 10.3 Abs. 3 Satz 1 KStR). Unter das hälftige Abzugsverbot soll jede Tätigkeit fallen, die innerhalb des möglichen Rahmens der Überwachungstätigkeit liegt (R 10.3 Abs. 3 Satz 2 KStR; FG Hessen Urteil vom 13.9.2011, 4 K 829/07, BB 2012, 1134; BFH Urteil vom 15.11.1978, I R 65/76, BStBl II 1979, 193). Nicht erforderlich ist, dass die Tätigkeit ausschließlich auf die Überwachung der Geschäftsleitung gerichtet ist. Voraussetzung ist jedoch, dass die beauftragte Person aufgrund der Überwachungsfunktion auch gesellschaftsrechtlich verantwortlich und gegebenenfalls schadensersatzpflichtig ist (FG Düsseldorf, Urteil vom 8.3.2005, 6 K 5037/01 K, EFG 2005, 1380).

Nach dem BFH-Urteil vom 28.8.2003 (IV R 1/03, BStBl II 2004, 112) greift das hälftige Abzugsverbot des § 10 Nr. 4 KStG aber nur dann, wenn es sich um reine Überwachungstätigkeiten gegenüber der Geschäftsleitung handelt. Werden – wie in der Praxis häufig – gleichzeitig Beraterverträge ausgeübt, die im Wesentlichen Aufgaben der Geschäftsführung zum Inhalt haben, sind die Beraterhonorare hierfür nicht als Entgelt für Aufsichtsratstätigkeit zu qualifizieren. Mangels dieser Zuordnung beim Empfänger greift hier auch seitens der zahlenden KapG (→ Kapitalgesellschaften) nicht das hälftige Abzugsverbot des § 10 Nr. 4 KStG.

Zu den von § 10 Nr. 4 KStG erfassten Vergütungen gehören alle Leistungen, die als Entgelt für die (Aufsichtsrats-)Tätigkeit gewährt werden. Hierunter fallen insbes. auch pauschale Aufwandsentschädigungen wie z.B.:

  • Tagegelder,
  • Sitzungsgelder,
  • Reisegelder,
  • sonstige Aufwandsentschädigungen (→Aufwandsentschädigungen nach § 3 Nr. 12 und 13 EStG),
  • geldwerte Vorteile (z.B. freie Wohnung, unentgeltliche Pkw-Überlassung) und
  • Leistungen zur Altersversorgung.

 

Gem. § 10 Nr. 4 KStG ist die Hälfte der Aufsichtsratsvergütungen im Rahmen der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens von → Kapitalgesellschaften (Körperschaft) nicht abziehbar. Das Gesetz unterscheidet insofern nicht zwischen Vergütungen an inländische und ausländische Aufsichtsratsmitglieder.

Da die an die »Überwacher« der KapG gezahlten Vergütungen an sich handelsrechtlich sowie nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 4 EStG → Betriebsausgaben darstellen, ist die Hälfte der aufwandswirksam verbuchten Vergütungen außerhalb der Bilanz wieder hinzuzurechnen.

Vergütungen für die Tätigkeit als Aufsichtsrat sind → Einkünfte aus selbstständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG.

Aufsichtsratsvergütungen, die von inländischen Körperschaften (d.h. Sitz oder Geschäftsleitung im Inland, § 73a Abs. 1 EStDV) an ausländische Aufsichtsratsmitglieder (d.h. ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland) gezahlt werden, unterliegen gem. § 50a Abs. 1 Nr. 4 EStG einem besonderen Steuerabzug. Diese sog. Aufsichtsratsteuer, die von der Körperschaft einzubehalten ist, beträgt grds. 30 % der gesamten Einnahmen (§ 50a Abs. 2 Satz 1 EStG). Bei Aufsichtsratsmitgliedern, die Staatsangehörige eines EU/EWR-Staates sind und in einem dieser Staaten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, können von den Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden (§ 50a Abs. 3 EStG). Das Unternehmen kann die Beträge von den Einnahmen abziehen, wenn sie durch das Aufsichtsratsmitglied in einer für das Bundeszentralamt für Steuern nachprüfbaren Form nachgewiesen wurden oder das Unternehmen die Kosten übernommen hat. Trägt die beaufsichtigte Körperschaft die Aufsichtsratsteuer, erhöht sich der Steuerabzug auf 42,85 % der ausgezahlten Vergütung. Die Aufsichtsratsteuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Vergütungen dem Aufsichtsratsmitglied zufließen (§ 50a Abs. 5 EStG). In diesem Zeitpunkt ist der Steuerabzug durch die Körperschaft als Vergütungsschuldner vorzunehmen. Zuständig ist das Bundeszentralamt für Steuern. Vom Steuerabzug ausgenommen sind Reisekostenvergütungen, soweit sie über die tatsächlichen Kosten hinaus gewährt werden (§ 50a Abs. 2 Satz 2 EStG).

Die abkommensrechtliche Behandlung von Aufsichtsratsvergütungen richtet sich nach Art. 16 i.V.m. Art. 23 A und 23 B OECD-MA. Danach wird das Besteuerungsrecht dem Staat zugewiesen, in dem die überwachte und kontrollierte Gesellschaft ansässig ist.

 

Stand: 01.10.2020

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