Aussetzung der Vollziehung der gegen den Betroffenen angeordneten Sicherungshaft bei erheblicher Fluchtgefahr i.R.d. Rücküberstellung
Bundesgerichtshof, V-ZB-72/19
Beschluss vom 29.05.2019
Orientierungssatz:
Von der Erstellung eines Orientierungssatzes wurde abgesehen.
Gründe:
1
Der Aussetzungsantrag ist in entsprechender Anwendung des § 64 Abs. 3 FamFG zulässig (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2010 – V ZB 261/10, InfAuslR 2011, 26 Rn. 8). Er ist auch begründet. Nach der gebotenen summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass die Rechtsbeschwerde Erfolg haben könnte.
2
Zwar bedurfte es hier – entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde – gemäß § 71 Abs. 5 und 6 AsylG keiner erneuten Abschiebungsanordnung (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Februar 2019 – V ZB 216/17, juris Rn. 14). Das Beschwerdegericht legt aber rechtsfehlerhaft den Haftgrund der unerlaubten Einreise (§ 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AufenthG) zugrunde. Aus dem Haftantrag und den ergänzenden Stellungnahmen ergibt sich eindeutig, dass die Behörde die Rücküberstellung im Rahmen des Dublin-III-Verfahrens betreibt. Anders als das Beschwerdegericht offenbar meint, steht dem nicht entgegen, dass in dem Haftantrag § 34a Abs. 1 AsylG erwähnt wird; denn diese Norm regelt auch die Überstellung im Rahmen des Dublin-III-Verfahrens (vgl. § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 i.V.m. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG; Marx, AsylG, 9. Aufl., § 34a Rn. 1). Ob die Behörde das richtige Verfahren gewählt hat, haben die Haftgerichte grundsätzlich nicht zu prüfen (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Dezember 2018 – V ZB 80/17, juris Rn. 7 f.; Beschluss vom 10. Januar 2019 – V ZB 159/17, juris Rn. 14 f.). Daher ist von der Dublin-III-Verordnung auszugehen, die die Anordnung von Haft nur bei erheblicher Fluchtgefahr zulässt (Art. 28 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung i.V.m. § 2 Abs. 14, 15 AufenthG). Angesichts des Umstands, dass der Betroffene nach erfolgter Abschiebung erneut in das Bundesgebiet eingereist ist, spricht zwar viel für die Annahme des Amtsgerichts, dass die erhebliche Fluchtgefahr besteht. Das Beschwerdegericht lässt diese Frage aber bewusst offen und stellt allein auf die unerlaubte Einreise ab. Die insoweit gebotene tatrichterliche Gesamtwürdigung kann nicht der Senat als Rechtsbeschwerdegericht vornehmen. Er müsste die Sache aufheben und an das Beschwerdegericht zurückverweisen, so dass die Rechtsbeschwerde Erfolg haben dürfte.