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Rechtsprechung

Gewährung von Beförderungs- und Unterbringungsleistungen durch Filmproduzenten an angestellte Schauspieler als Umsatz i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG

Gewährung von Beförderungs- und Unterbringungsleistungen durch Filmproduzenten an angestellte Schauspieler als Umsatz i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG

Finanzgericht Berlin, 2-K-5030/04

Urteil vom 05.04.2006

 

 

Orientierungssatz:

Unentgeltlich durch einen Filmproduzenten erbrachte Beförderungs- und Unterbringungsleistungen gegenüber angestellten Schauspielern stellen keinen tauschähnlichen Umsatz dar, wenn die Leistungen allen Schauspielern angeboten werden und an der Gewährung der Leistungen ein betriebliches Interesse des Produzenten besteht.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die umsatzsteuerlichen Auswirkungen von Reisekosten, die die Klägerin im Rahmen ihrer Produktionen für die nicht am Drehort wohnhaften Darsteller trug.

Die Klägerin produziert Fernsehserien.

Mit den in den Produktionen auftretenden Schauspielern schließt sie pro Folge und Rolle Darsteller-Verträge, aufgrund derer die Schauspieler kurzzeitig als Arbeitnehmer für die Klägerin tätig sind. Nach einem vom Beklagten eingereichten Muster war ein Vertragszeitraum vom 27. Mai 1998 bis 11. Juli 1998 vereinbart, während dessen vier voraussichtliche Drehtage am 27. Mai 1998, 10. und 11. Juni 1998 sowie 10. Juli 1998 vorgesehen waren. Dafür erhielt der Darsteller eine Pauschalgage von 11 000,00 DM, die sich um 3 000,00 DM für jeden Folgetag erhöht hätte. Darüber hinaus war vereinbart, dass der Darsteller Reisekosten erhielt. Die Klägerin verpflichtete sich, eventuell anfallende Übernachtungskosten zu tragen und ggf. Fahrmöglichkeiten in Produktionsfahrzeugen zu stellen. Der in dem beispielhaft eingereichten Vertrag verpflichtete Darsteller hatte seinen Wohnsitz in München. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf Bl. 14-18 der Streitakte Bezug.

Die Klägerin bezahlte für auswärts ansässige Arbeitnehmer die Fahrtkosten zu den Drehorten und zurück, wöchentliche Heimfahrten sowie Unterkünfte an den Drehorten. Vertragspartnerin der Beförderungs- und Beherbergungsbetriebe war die Klägerin, der entsprechende Rechnungen mit Vorsteuerausweis erteilt wurden. Die entsprechenden Nettoaufwendungen betrugen für Fahrtkosten 1997 161 213,84 DM, im ersten Quartal 1998 9 584,20 DM und im zweiten bis vierten Quartal 1998 151 407,39 DM. Die Unterbringungskosten betrugen 1997 125 814,98 DM, im ersten Quartal 1998 12 421,90 DM und im zweiten bis vierten Quartal 1998 73 645,70 DM. Die Klägerin nahm die entsprechende Vorsteuer in ihren Umsatzsteuererklärungen in Anspruch und versteuerte die Leistungen an ihre Arbeitnehmer nicht.

Ihren am 5. Juni 1998 und 25. Juni 1999 eingegangenen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre stimmte der Beklagte zu.

Vom 8. November 2002 bis 19. Februar 2003 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Der Prüfer gelangte zu der Auffassung, dass die von der Klägerin getragenen Fahrtkosten zwischen Wohn- und Drehorten das private Interesse der Arbeitnehmer beträfen und nicht im überwiegenden betrieblichen Interesse der Klägerin lägen. Daher handele es sich um einen steuerbaren Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz –UStG- 1993. Es handele sich weder um weit auseinander liegende wechselnde Einsatzstellen noch seien die Drehorte mit öffentlichen Verkehrsmitteln unerreichbar. Die erklärten Umsätze seien daher um die Nettoaufwendungen für die Fahrtkosten zu erhöhen. Entsprechendes gelte auch für die Unterbringungskosten.

Ausgehend von den Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte am 12. September 2003 geänderte Umsatzsteuerbescheide 1997 und 1998, mit denen er die Umsatzsteuer auf ./. 30 106,91 Euro für 1997 und 190 655,12 Euro für 1998 festsetzte.

Dagegen legte die Klägerin am 13. Oktober 2003 Einspruch ein, mit dem sie geltend machte, die Drehorte seien wie wechselnde Einsatzstellen zu behandeln. Zur Vermeidung von Verzögerungen im Produktionsablauf seien die Kostenübernahmen im betrieblichen Interesse der Klägerin.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2004 zurück.

Daraufhin hat die Klägerin am 4. Februar 2004 Klage erhoben, die sie in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich eines nicht mehr streitigen Punktes eingeschränkt hat. Im Übrigen führt sie ihren Vortrag aus dem Einspruchsverfahren fort und trägt ergänzend vor, dass es für die Filmproduktion dringend erforderlich sei, dass sich das gesamte mit der Herstellung befasste Team einschließlich der Darsteller zu präzise definierten Zeitpunkten an dem jeweiligen Drehort aufhalte. Aus diesem Grunde übernehme im Bereich der Filmproduktion regelmäßig der Arbeitgeber die Organisation der notwendigen Transporte des Teams sowie die Unterbringung für die Dauer der Produktionszeit. Die Übernahme der Reise- und Übernachtungskosten werde – wie branchenüblich – generell für alle von ihr verpflichteten Schauspieler zugesagt. Sie lasse dem Arbeitnehmer hinsichtlich der zu wählenden Beförderungsmittel und Unterkünfte keinen Entscheidungsspielraum und trage die von ihm hierdurch verursachten Kosten aus eigenem betrieblichen Interesse. Für die Höhe der Gage sei es unerheblich, ob für den Darsteller Reisekosten anfielen. Dementsprechend sei die Übernahme der Fahrt- und Übernachtungskosten in den Darstellerverträgen nicht als tauschähnlicher Umsatz zu betrachten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Produktionsfirma oftmals Interesse an nicht am Drehort lebenden Schauspielern habe, die nicht bereit wären, die hohen Fahrtkosten selbst zu tragen und für eine vergleichsweise geringe Gage das Engagement einzugehen. Der private Bedarf des Arbeitnehmers werde durch den betrieblichen Zweck überlagert. Durch die ständig örtlich wechselnden Engagements könne der Schauspieler auch nicht seinen Wohnort nach seiner Tätigkeitsstätte ausrichten.

Die Klägerin beantragt,

abweichend von den Umsatzsteuerbescheiden 1997 und 1998 vom 12. September 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2004 die Umsatzsteuer 1997 unter Außerachtlassung von Umsätzen in Höhe von 161 213,84 DM sowie 125 814,98 DM und die Umsatzsteuer 1998 unter Außerachtlassung von Umsätzen in Höhe von 9 584,20 DM sowie 12 421,90 DM jeweils zum Steuersatz von 15 v. H. und in Höhe von 151 407,39 DM sowie 73 645,70 DM jeweils zum Steuersatz von 16 v. H. festzusetzen,

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für erforderlich zu erklären,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er ist der Auffassung, die streitigen Sachverhalte seien ebenso zu behandeln wie die Überlassung eines Pkw an den Arbeitnehmer zu dessen privater Mitbenutzung. Rechtsgrundlage für die Besteuerung des Umsatzes sei daher § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1993. In diesem Zusammenhang sei ein betriebliches Interesse der Klägerin an der Übernahme der Kosten irrelevant. Jedenfalls ergebe sich (im Falle der unentgeltlichen Erbringung der Beförderungs- und Unterbringungsleistungen) die Steuerbarkeit aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b UStG 1993. Ein das private Interesse der Arbeitnehmer überlagerndes Interesse der Klägerin könne nicht angenommen werden, weil die Übernachtung bzw. Beförderung keine Maßnahme der Dienstausübung, sondern der Erbringung der Arbeitsleistung vor- bzw. nachgelagert gewesen sei. Der Wunsch nach einem reibungslosen Ablauf der Produktionen sei auch anderen Branchen nicht fremd und keine Besonderheit der Filmproduktion. Es sei grundsätzlich Sache des Arbeitnehmers, sich eine Übernachtungsgelegenheit zu beschaffen und den Weg zum Einsatzort zu bewerkstelligen. Eine Sondersituation für Schauspieler sei nicht anzuerkennen, weil es gerade zum Berufsbild eines Schauspielers gehöre, dass die Einsatzorte vom Wohnort abweichen. Im Übrigen seien nur solche Aufwendungen beanstandet worden, die von einem gleich bleibenden Drehort herrührten. Der Umstand, dass ein Schauspieler für die Höhe der Barentlohnung nicht bereit wäre, die Kosten für Anreise und Übernachtung auf sich zu nehmen, spreche eher für einen Leistungsaustausch, da das Gleiche auch mit einer entsprechend höheren Gage erreicht werden könnte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens nimmt das Gericht auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und der beigezogenen Akten Bezug. Dem Gericht haben je ein Band Umsatzsteuer- und Betriebsprüfungsakten vorgelegen, die vom Beklagten für die Klägerin unter der Steuernummer xxxxxxxxxxxx geführt werden.

Gründe:

Die Klage ist begründet.

Die angefochtenen Bescheide verletzten die Klägerin im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO- in ihren Rechten, soweit der Beklagte in der Übernahme der Aufwendungen für die Fahrt- und Unterkunftskosten steuerbare Leistungen gesehen hat.

In der Gewährung von Unterkunfts- und Transportleistungen an die Darsteller sieht das Gericht entgegen der Auffassung des Beklagten keinen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1993. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist deckungsgleich mit dem Begriff der Dienstleistungen gegen Entgelt im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der 6. Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer -6. Richtlinie-. Der Begriff der Dienstleistungen gegen Entgelt im Sinne dieser Vorschrift setzt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem empfangenen Gegenwert voraus (ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften -EuGH-, vgl. z. B. Urteile vom 16. Oktober 1997 C-258/95 – Fillibeck, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 1998, 61, Rn. 12; vom 21. März 2002 C-174/00 – Kennemer Golf & Country Club, UR 2002, 320, Rn. 39). Es ist allerdings anerkannt, dass ein solcher Zusammenhang auch bei so genannten tauschähnlichen Umsätzen bestehen kann, wenn der leistende Unternehmer für seine Lieferung oder sonstige Leistung keinen Geldbetrag, sondern eine andere Lieferung oder sonstige Leistung mit Geldeswert erhält (vgl. z. B. EuGH, Urteil vom 3. Juli 2001 C-380/99 – Bertelsmann, UR 2001, 346; Bundesfinanzhof -BFH-, Urteile vom 1. August 2002 V R 21/01, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFHE- 200, 101, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2003, 438; vom 19. Februar 2004 V R 10/03, BFHE 205, 495, BStBl II 2004, 675).

Ausgehend von dieser Rechtsauffassung ist anerkannt, dass die Überlassung eines Firmenwagens an den Arbeitnehmer zum Zwecke der privaten Mitbenutzung eine steuerpflichtige Leistung in Gestalt eines so genannten tauschähnlichen Umsatzes darstellt (BFH, Urteil vom 10. Juni 1999 V R 87/98, BFHE 189, 196, BStBl II 1999, 580).

Der EuGH hat jedoch im Zusammenhang mit der Arbeitnehmersammelbeförderung eines Bauunternehmens erkannt, dass keine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der 6. Richtlinie vorliegt, wenn die auszuführende Arbeit und der bezogene Lohn nicht davon abhängen, ob die Arbeitnehmer die ihnen von ihrem Arbeitgeber angebotene Beförderungsleistung in Anspruch nehmen (EuGH-Urteil in UR 1998, 61, Rn. 16). Diese Entscheidung steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BFH zum gleichen Problemkreis (BFH, Urteile vom 12. Februar 1998 V R 69/93, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1998, 1131; vom 12. März 1998 V R 127/92, BFH/NV 1998, 1270; vom 9. Juli 1998 V R 105/92, BFHE 186, 157, BStBl II 1998, 635; Beschluss vom 21. Juni 2001 V B 32/01, BFHE 195, 451, BStBl II 2002, 616).

Die Rechtsprechung zur Sammelbeförderung von Arbeitnehmern ist auf den Streitfall übertragbar. Nach den unstreitigen Darlegungen der Klägerin bietet sie die Unterbringungs- und Reiseleistungen unterschiedslos allen Darstellern an, jedenfalls soweit sie nicht am Drehort ansässig sind. Die Höhe der Gagen ist nicht davon abhängig, ob die Darsteller in nennenswertem Umfang Übernachtungs- und Transportleistungen in Anspruch nehmen. Es fehlt daher der erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Gewährung der Reiseleistung und den darstellerischen Leistungen der Arbeitnehmer. Dem steht nicht entgegen, dass in den Darstellerverträgen die Gewährung der Unterbringungs- und Transportleistung ausdrücklich vereinbart ist, weil es sich in den Sammelbeförderungsfällen in der Regel ebenso verhält, nur dass dort die vertraglichen Vereinbarungen regelmäßig bereits im Tarifvertrag getroffen wurden.

Schließlich besteht auch ein betriebliches Interesse der Klägerin an der Inanspruchnahme dieser Leistungen, da sie ein Interesse daran hat, dass die von ihr ausgesuchten Darsteller an den Filmprojekten mitarbeiten und pünktlich zur Stelle sind. Durch die Stellung von Beförderungs- und Reiseleistungen besteht zudem für die Klägerin die Gewähr, dass ihr Anreisezeit und -ort sowie der Aufenthaltsort am Drehort bekannt sind, so dass sie eine pünktliche Anwesenheit aller Mitglieder des Filmteams am Set gewährleisten kann. Daher sieht das Gericht ebenso wie in den typischen Sammelbeförderungsfällen keinen Anlass einen tauschähnlichen Umsatz und damit eine Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1993 anzunehmen. Auch der BFH hält die Rechtsprechung zur Sammelbeförderung auf die Gestellung von Unterbringungs- und Transportleistungen für übertragbar (BFH, Beschluss in BFHE 195, 451, BStBl II 2002, 616). Das Bundesministerium der Finanzen -BMF- hat sich der Rechtsprechung des BFH angeschlossen (vgl. Abschn. 12 Abs. 2 und 15 Umsatzsteuer-Richtlinien -UStR- 2005).

Zwar könnte der Umstand, dass für sich betrachtet der Barlohn keinen ausreichenden Anreiz zur Arbeitsaufnahme darstellte, dafür sprechen, dass die Sachleistungen ebenfalls eine Form des Arbeitslohnes darstellen und hinreichend konkret mit den Arbeitsleistungen verknüpft sind (vgl. BFH, Urteil vom 10. Juni 1999 V R 104/98, BFHE 188, 466, BStBl II 1999, 582), jedoch ist ein Barlohn von knapp 3 000,00 DM pro Drehtag nicht so gering, dass er als grundsätzlich unzureichender Anreiz zur Arbeitsaufnahme angesehen werden könnte.

Es lässt sich auch nicht mit dem Beklagten einwenden, die Klägerin hätte statt der Gewährung von Beförderungs- und Reiseleistungen eine höhere Gage vereinbaren können. Denn der Besteuerung sind die tatsächlich getroffenen und durchgeführten Vereinbarungen zugrunde zu legen. Diese stellen auch keine abweichend zu wertenden Umgehungsgestaltungen dar (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006 C-255/02 – Halifax, De­utsc­hes Steuerrecht -DStR- 2006, 420. Rn. 73 ff.). Denn die Vereinbarungen sind branchenüblich und entsprechen dem wirtschaftlichen Anliegen der Beteiligten, die Darsteller durch die wechselnden Drehorte und Arbeitsverhältnisse nicht mit Kosten zu belasten. Wie oben ausgeführt besteht ein betriebliches Interesse der Klägerin, dass ihre Arbeitnehmer die Beförderungs- und Unterbringungsleistungen in Anspruch nehmen.

Die abweichende Behandlung gegenüber den Fällen der privaten Pkw-Mitbenutzung erscheint dadurch gerechtfertigt, dass die Beförderungs- und Unterbringungsleistungen allen Arbeitnehmern unterschiedslos angeboten werden, im betrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen und keine Auswirkungen auf den Barlohn haben. Durch die Übernahme der Reisekosten wird auch kein privates, von der Filmproduktion unabhängiges Bedürfnis der Darsteller befriedigt. Demgegenüber wird die private Pkw-Mitbenutzung in der Regel nur einzelnen, herausgehobenen Arbeitnehmern gewährt, die damit rein private Bedürfnisse, nämlich nach Mobilität im Privatleben, befriedigen, während der Arbeitgeber kein betriebliches Interesse an dieser privaten Nutzung durch die Arbeitnehmer hat.

Das Gericht sieht auch keinen Anlass, die streitigen Unterbringungs- und Transportleistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b) UStG 1993 der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Nach dieser Vorschrift entfällt die Steuerbarkeit nicht, wenn ein Unternehmer sonstige Leistungen an seine Arbeitnehmer aufgrund des Dienstverhältnisses ausführt, für die die Leistungsempfänger kein besonders berechnetes Entgelt aufwenden. Die Vorschrift geht zurück auf Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b) der 6. Richtlinie, nach der die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen für seinen privaten Bedarf oder für den Bedarf seines Personals einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt wird. Diese Vorschrift bezweckt, die Gleichbehandlung zwischen Steuerpflichtigen und Endverbrauchern sicherzustellen. Sie soll verhindern, dass eine vom Steuerpflichtigen zu privaten Zwecken unentgeltlich erbrachte Dienstleistung nicht besteuert wird (EuGH, Urteil in UR 1998, 61, Rn. 25).

Ausgehend von dieser Zweckbestimmung kommt es für die Frage, ob Sachleistungen der Besteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b) UStG 1993 unterliegen, darauf an, ob mit der Sachleistung ein privater Bedarf des Arbeitnehmers befriedigt wird, der nicht durch die mit der Maßnahme verfolgten betrieblichen Zwecke überlagert wird (BFH, Urteile in BFHE 186, 157; BStBl II 1998, 635; vom 11. Mai 2000 V R 73/99, BFHE 191, 445, BStBl II 2000, 505). Entscheidend für die Frage der „Überlagerung“ ist, ob mit den Sachleistungen ein durch die Durchführung des Arbeitsverhältnisses verbundener Mehrbedarf des Arbeitnehmers ausgeglichen wird (BFH, Urteile vom 21. Juli 1994 V R 21/92, BStBl II 1994, 881; vom 28. Mai 1998 V R 26/95, BStBl II 1998, 589) und wie stark das betriebliche Interesse des Arbeitgebers ausgeprägt ist, dass der Arbeitnehmer die Sachleistung in Anspruch nimmt.

Betrachtet man ausgehend von diesen Erwägungen die streitbefangenen Leistungen, so ergibt sich, dass sie einen Mehrbedarf der Darsteller decken, der durch das Arbeitsverhältnis veranlasst ist. Ohne die Aufnahme des Arbeitsverhältnisses am Drehort hätten die Darsteller die Kosten für die Anreise zum Drehort und die Unterkunft dort nicht aufbringen müssen. Wegen des nur kurzfristig laufenden Arbeitsverhältnisses bestand auch kein Anlass, den persönlichen Lebensmittelpunkt zum Drehort zu verlegen. Darin unterscheidet sich der Streitfall entgegen der Auffassung des Beklagten wesentlich von den Verhältnissen bei anderen, dauerhaft oder nur am selben Dienstort beschäftigten Arbeitnehmern. Für die Klägerin bestand – wie oben dargestellt – ein betriebliches Interesse, dass die Darsteller die ihnen angebotenen Beförderungs- und Unterbringungsleistungen in Anspruch nahmen.

Im Einklang mit den vorstehenden Erwägungen hat der BFH mit Urteil vom 11. Mai 2005 VI R 7/02, BFHE 209, 502, BStBl II 2005, 782 zum Werbungskostenabzug im Einkommensteuerrecht entschieden, dass der Bezug einer Unterkunft an einer vorübergehenden beruflichen Tätigkeitsstätte keine doppelte Haushaltsführung begründet, so dass die mit einer Auswärtstätigkeit verbundenen Fahrt- und Übernachtungskosten in vollem Umfang als Werbungskosten abziehbar sind. Auf dieser Linie liegen auch frühere Entscheidungen verschiedener Finanzgerichte (Finanzgericht -FG- Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Oktober 1998 10 K 58/96, Deutsches Steuerrecht – Entscheidungsdienst -DStRE- 1999, 371; Niedersächsisches FG, Urteil vom 11. Juli 2001 4 K 378/94, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2002, 321; FG München, Urteil vom 23. Dezember 2003 1 K 48/01, juris). Dabei beachtet das Gericht, dass die einkommensteuerlichen Regelungen – anders das Umsatzsteuerrecht – nicht durch die 6. Richtlinie gemeinschaftsrechtlich vorgeprägt sind. Sie geben jedoch Aufschluss darüber, wie nach fachkundiger Beurteilung die Veranlassungsschwerpunkte verteilt sind.

Die zitierten Entscheidungen sind sich insofern einig, als dass das tageweise Wohnen in einem Hotel oder in einer ähnlichen Unterkunft keine doppelte Haushaltsführung begründet, so dass für die Reisekosten grundsätzlich Dienstreisegrundsätze zugrunde zu legen sind.

Ungeachtet der Tatsache, dass bei einer Dienstreise mit der Übernachtung auch private Bedürfnisse befriedigt werden, tritt dieser Aspekt gegenüber der beruflichen Veranlassung völlig in den Hintergrund. Dementsprechend wird – soweit ersichtlich – auch nicht vertreten, dass ein Arbeitnehmer, der eine Dienstreise durchführt, Empfänger von Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b) UStG 1993 ist.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der dem Mehrwertsteuerrecht immanente Grundsatz der Neutralität erfordert, dass die Klägerin von der ihr in Rechnung gestellten Vorsteuer aus den zur Erzielung von Umsätzen verwendeten Eingangsleistungen, auch soweit sie Reise- und Unterbringungsleistungen zu Gunsten ihrer Arbeitnehmer betreffen, zu entlasten ist (BFH, Urteil vom 23. November 2000 V R 49/00, BFHE 193, 170, BStBl II 2001, 266). Dies spricht dafür, bei der Annahme steuerbarer Leistungen an das Personal, wenn der Arbeitgeber dessen Reisekosten im dienstlichen Zusammenhang trägt, Zurückhaltung zu wahren (vgl. BFH, Beschluss in BFHE 195, 451, BStBl II 2002, 616). Denn andernfalls würde der nach dem Grundsatz der Neutralität zu gewährende Vorsteuerabzug konterkariert.

Der Tenor errechnet sich wie folgt:

1997 DM EUR
Festgesetzte Umsatzsteuer ./. 30 106,91
Umsätze lt. Tz. 23 161 213,84
Umsätze lt. Tz. 24 125 814,98
Summe 287 028,82
x 15 v. H. = 43 054,32 = ./. 22 013,32
Festzusetzende Umsatzsteuer ./. 52 120,23
1998
Festgesetzte Umsatzsteuer 190 655,12
I. Quartal
Umsätze lt. Tz. 23 9 584,20
Umsätze lt. Tz. 24 12 421,90
Summe 22 006,10
x 15 v. H. = 3 300,91 = ./. 1 687,73
II. Quartal
Umsätze lt. Tz. 23 151 407,39
Umsätze lt. Tz. 24 73 645,70
Summe 225 053,09
x 16 v. H. = 36 008,49 = ./. 18 410,85
Festzusetzende Umsatzsteuer 170 556,54

 

Das Gericht hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b) UStG ist zwar zwischenzeitlich aufgehoben worden, jedoch setzt sich die Problemstellung im Rahmen des § 3 Abs. 9 a Ziff. 2 UStG 1999 ff. fort. Die Regelung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 (Satz 1) UStG gilt ohnehin unverändert fort. Hinzu kommt, dass die Vertragsgestaltung der Klägerin branchenüblich ist, so dass dem Streit eine erhebliche Breitenwirkung zukommt.

Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich der streitig gebliebenen Entscheidung aus § 135 Abs. 1 FGO, soweit die Klägerin ihr Klagebegehren eingeschränkt hat, aus der analogen Anwendung des § 136 Abs. 2 FGO. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war nach § 139 Abs. 3 FGO für notwendig zu erklären.

Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugn

is folgen aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung -ZPO- (FG Berlin, Urteil vom 26. Oktober 2004 7 K 7088/03, EFG 2005, 411 a. E.).

Das Gericht hat den Streitwert ausgehend von den Sachanträgen der Beteiligten je nach Verfahrensstadium bestimmt (§§ 13, 25 Gerichtskostengesetz -GKG- a. F.).

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