RechtsprechungSteuerrecht

Häusliches Arbeitszimmer ist nicht Mittelpunkt der Tätigkeit eines Schauspielers

 

Häusliches Arbeitszimmer ist nicht Mittelpunkt der Tätigkeit eines Schauspielers

Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 1-K-3467/03-B

Urteil vom 19.12.2007

Orientierungssatz:

Die berufliche Tätigkeit eines Schauspielers wird maßgeblich nicht durch die im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübten Vorbereitungshandlungen, sondern durch die künstlerische Darbietung auf der Bühne oder vor Mikrofon und Kamera geprägt. Das häusliche Arbeitszimmer bildet daher nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Schauspielers.

Tatbestand:

Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger erzielten im Streitjahr im Wesentlichen Einkünfte aus selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit als Schauspieler und Drehbuchautor sowie aus nichtselbstständiger Arbeit als ….

Der Kläger erklärte in der Einkommensteuererklärung 1996 Verluste aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von ./. 10.808 DM. Dabei machte er bei den Betriebsausgaben 4.550 DM Aufwand für ein häusliches Arbeitszimmer sowie 15.064,94 DM Reisekosten geltend. Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 13. August 1997 die Einkommensteuer 1996 auf 171.037 DM fest. Dabei legte er für den Kläger einen Verlust aus selbstständiger Arbeit in Höhe von ./. 7.328 DM zu Grunde, wobei er die eingereichte Berechnung unter anderem um den 2.400 DM übersteigenden Aufwand für das häusliche Arbeitszimmer kürzte. In den Gründen des Bescheides heißt es, nicht mehr benötigte Belege seien beigefügt.

Die Kläger legten am 15. August 1997 Einspruch hinsichtlich des Arbeitszimmers ein. Nachdem der Beklagte wegen geänderter Beteiligungseinkünfte am 7. Oktober 1997 einen geänderten Einkommensteuerbescheid 1996 erlassen hatte, mit dem er die Einkommensteuer auf 170.981 DM herabsetzte, ruhte das Einspruchsverfahren im Hinblick auf mehrere höchstrichterliche Verfahren zur Behandlung des häuslichen Arbeitszimmers.

Der Beklagte nahm das Einspruchsverfahren Mitte 2001 wieder auf und forderte vergeblich verschiedene Belege zu den bei den Betriebsausgaben geltend gemachten Reisekosten des Klägers sowie den Fortbildungskosten der Klägerin an. Nachdem er die Kläger auf die Möglichkeit einer Verböserung hingewiesen hatte, änderte der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 12. November 2003 die Einkommensteuerfestsetzung 1996 dahin, dass nunmehr eine Steuer in Höhe von 89.448,47 EUR (174.946 DM) festgesetzt wurde und wies den Einspruch im Übrigen zurück. Hinsichtlich des häuslichen Arbeitszimmers machte der Beklagte geltend, eine Anerkennung über den Betrag von 2.400 DM hinaus komme nicht in Betracht. Das Arbeitszimmer sei nicht Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers. Die Tätigkeit im Arbeitszimmer sei für einen Schauspieler nicht prägend. Dies sei die Ausübung des Schauspiels, die nicht im Arbeitszimmer stattfinde, sondern durch Proben- und Drehorte bestimmt werde. Überhaupt werde die Tätigkeit im Arbeitszimmer nicht gesondert vergütet. Hinsichtlich der Reisekosten bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit komme ein ungekürzter Abzug nicht in Betracht, denn der Kläger habe dazu keine Belege vorgelegt. Insofern schätzte er den tatsächlichen Aufwand auf 50% der geltend gemachten Kosten. Im Hinblick auf § 367 Abs. 2 Abgabenordnung -AO-, der ihn verpflichte, den angefochtenen Steuerbescheid vollumfänglich nachzuprüfen, sei eine Teilbestandskraft nicht eingetreten und er berechtigt, weitere Belege zu verlangen.

Die Kläger haben am 15. Dezember 2003 Klage erhoben. Sie machen zunächst geltend, der Beklagte dürfe Reise- und Fortbildungskosten aus selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit nicht kürzen. Er habe dazu vorgelegte Belege nach Erlass des Steuerbescheides zurückgereicht. Der Steuerpflichtige sei nach Rückgabe der Belege aber nicht gehalten, die geprüften Unterlagen aufzuheben. Auch sei nicht klar, welche Unterlagen das Finanzamt einbehalten habe. Jedenfalls seien die zurückgereichten Belege aus den Akten entfernt und nur ein Arbeitsbogen aufbewahrt worden. Danach hätten 1996 drei Reisen stattgefunden, nämlich nach Baden, La Palma und Hamburg sowie ein Flug am 26. Dezember zu im Jahr 1997 beginnenden Dreharbeiten. Dies korrespondiere mit den Eintragungen auf den Lohnsteuerkarten. Insofern habe der Kläger davon ausgehen können, dass der Beklagte die Belege nicht mehr benötige und sich insoweit selbst gebunden habe. Das Arbeitszimmer sei unbeschränkt abzugsfähig. Es sei der Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit eines Schauspielers. Im Arbeitszimmer würden Stimmbildung, Körperschulung, Gestik, Mimik, Rollenrepertoire geübt und erneuert, Drehbücher gelesen und Fachliteratur zum Umfeld erarbeitet. Insofern sei die Tätigkeit im Arbeitszimmer typisch und für den Schauspielerberuf prägend. Erst wenn der Kläger dort die „Vorleistungen“ erbracht habe, könne er in die Öffentlichkeit treten. Überhaupt gebe es auch einzeln vergütete Tätigkeiten, die er in seinem Arbeitszimmer ausübe.

Den Klägern ist mit am 21. November 2005 zugestellter gerichtlicher Verfügung nach § 79 b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – aufgegeben worden darzulegen, durch welche Einkommensarten die Reisekosten des Klägers veranlasst worden seien, den Veranlassungszusammenhang darzustellen und unter Beweis zu stellen und die Höhe der geltend gemachten Reisekosten durch entsprechende Belege nachzuweisen. Weiter ist den Klägern aufgegeben worden, hinsichtlich der Fortbildungskosten anzugeben, worin die Beschwer liege und ob das Begehren hinsichtlich des Arbeitszimmers weiterverfolgt werde. Daraufhin haben die Kläger vorgetragen, der Beklagte habe nicht benötigte Belege betreffend die Fortbildungen der Klägerin, nicht aber Reisekostenbelege zurückgereicht. Diese müssten bei der Finanzverwaltung verblieben seien. Es sei anzunehmen, dass die Belege 1996 noch bei den Umsatzsteuerakten verwahrt würden. Die Umsatzsteuerveranlagung sei bestandskräftig abgeschlossen; insofern müssten die Belege geprüft worden sein.

Die Kläger beantragen schriftsätzlich in sachdienlicher Fassung,

den Einkommensteuerbescheid 1996 vom 7. Oktober 1997 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. November 2003 dahin abzuändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus selbstständiger Arbeit weitere Betriebsausgaben in Höhe von 2.150 DM für das häusliche Arbeitszimmer und von 7.532 DM für Reisekosten sowie bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbstständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 510 DM für Fortbildungen berücksichtigt werden,

hilfsweise, die Revision hinsichtlich der Kosten des Arbeitszimmers zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht geltend, hinsichtlich der Reisekosten aus selbstständiger Tätigkeit sei der Beklagte berechtigt, unabhängig davon, welche Belege zurückgesandt worden seien, nochmals deren Vorlage und sonstige Nachweise zu verlangen. Dass die Reisekosten auch bei der nichtselbstständigen Tätigkeit entstanden sein sollten, wie nunmehr geltend gemacht werde, sei in der Steuererklärung nicht angegeben worden. Insofern habe es dabei auch keine Kürzungen gegeben. Gekürzt worden seien nur die Betriebsausgaben. Betriebsausgaben sein nur dann zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige auf Verlangen des Finanzamtes die entsprechenden Belege nachweise. Zudem ergäben sich etwa aus dem Umsatzsteuergesetz Aufbewahrungspflichten. Im Übrigen sei nicht erkennbar, dass Belege über Reisekosten überhaupt vorgelegen hätten. Auch verwahre das Finanzamt keine weiteren Belege des Klägers. Soweit es die Fortbildungskosten der Klägerin betreffe, habe der Beklagte mangels steuerlicher Auswirkungen von einer Kürzung abgesehen. Hinsichtlich der Kosten des Arbeitszimmers wiederholt und vertieft der Beklagte seine Ausführungen aus der Einspruchsentscheidung.

Der Senat hat das Verfahren am 13. November 2007 auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Verhandlung und Entscheidung übertragen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten genommen, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Gründe:

Der Einzelrichter konnte über den Rechtsstreit trotz des Ausbleibens der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, denn diese sind in der ordnungsgemäß bewirkten Ladung darauf hingewiesen worden. Es bestand auch keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung nach § 155 Finanzgerichtsordnung -FGO- i.V.m. § 227 Zivilprozessordnung im Hinblick auf den Irrtum des Prozessbevollmächtigten zu vertagen. In der Verwechslung des Verhandlungsortes – der Termin war, anders als ein vorangegangener Erörterungstermin, für den Gerichtssitz in Cottbus geladen worden, während der Bevollmächtigte am Sitz des Oberverwaltungsgerichts in Berlin zur Terminsstunde erschienen ist – liegt keine unverschuldete Verhinderung.

Die Klage hat keinen Erfolg.

Der Einkommensteuerbescheid 1996 vom 7. Oktober 1997 ist nicht abzuändern, denn er ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.

  1. Hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Werbungskosten in Höhe von 510 DM für Fortbildungen kommt eine Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1996 schon mangels Beschwer nicht in Betracht. Anders als noch im Anhörungsschreiben zur beabsichtigten Verböserung angekündigt, hat der Beklagte insoweit eine Kürzung der Werbungskosten nicht vorgenommen. Die von der Klägerin geltend gemachten Werbungskosten lagen nämlich insgesamt unterhalb des Arbeitnehmer-Freibetrags. Die noch im Einspruchsverfahren begehrte Berücksichtigung des Werbungskostenabzugs für ein häusliches Arbeitszimmer der Klägerin haben die Kläger im gerichtlichen Verfahren nicht mehr weiterverfolgt.

  2. Der Bescheid ist auch nicht dahin gehend zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus selbstständiger Arbeit weitere Betriebsausgaben in Höhe von 7.532 DM für Reisekosten zu berücksichtigen wären. Die Voraussetzungen für einen Betriebsausgabenabzug liegen nicht vor. Dem Vorbringen der Kläger ist insofern schon nicht eindeutig zu entnehmen, ob die geltend gemachten Reisekosten – wie erklärt – bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit oder – wie die Klagebegründung mit dem Hinweis auf die Eintragungen auf den Lohnsteuerkarten nahelegt – nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen sein sollen. Gleichfalls ist nicht zu erkennen, ob die Reisekosten in dem streitigen Umfang tatsächlich durch die Einkünfteerzielung veranlasst und – mangels entsprechender Belege – überhaupt entstanden sind. Die Kläger haben sich dazu trotz der mit ordnungsgemäßer Belehrung versehenen Verfügung nach § 79b Abs. 2 FGO nicht näher verhalten, sondern nur – abweichend vom bisherigen Vortrag – geltend gemacht, die Belege müssten sich noch beim Beklagten befinden, was jedoch nach dessen Mitteilung nicht der Fall ist.

  3. Schließlich können auch die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer des Klägers nicht in unbeschränkter Höhe bei den Einkünften des Klägers aus selbstständiger Arbeit als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Das häusliche Arbeitszimmer bildet nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Einkommensteuergesetz -EStG- in der im Streitjahr geltenden Fassung dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit nicht mindern. Dies gilt nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 v.H. der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen grundsätzlich auf 1.250 EUR begrenzt. Die Begrenzung entfällt, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Dahinter steht der Gedanke, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (nur) dann steuerlich berücksichtigt werden sollen, wenn ein solches für die Erwerbstätigkeit erforderlich ist (vgl. BFH, Urteil vom 7. August 2003 VI R 17/01, BFH/NV 2003, 1651). Daran anknüpfend lässt das Gesetz den unbeschränkten Abzug von Aufwendungen nur zu, wenn der Steuerpflichtige in besonderem Maße auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen ist. Das ist vorliegend nicht der Fall.

Das vom Kläger vorgehaltene Arbeitszimmer ist nicht Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung. Das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen ist „Mittelpunkt“ i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 3 2. Halbsatz EStG, wenn der Steuerpflichtige im Arbeitszimmer diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Der „Mittelpunkt“ bestimmt sich nach dem inhaltlichen Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen. Übt der Steuerpflichtige mehrere Tätigkeiten aus, genügt es nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt nur einer dieser Tätigkeiten bildet. Maßgeblich ist vielmehr die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung (vgl. BFH, Urteil vom 7. August 2003 VI R 17/01, a.a.O.), die anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles wertend dahin beurteilt werden muss, ob die Gesamttätigkeit einem einzelnen qualitativen Schwerpunkt zugeordnet werden kann und ob dieser im häuslichen Arbeitszimmer liegt. Bei dieser Wertung kommt dem zeitlichen Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers lediglich indizielle Bedeutung zu (vgl. BFH, Urteil vom 16. Dezember 2004 IV R 19/03, BStBl II 2005, 212).

Der Kläger erzielt seinen Angaben zufolge Einkünfte aus der Tätigkeit als Schauspieler – selbstständig und nichtselbstständig – und als Drehbuchautor, wobei sich den vorliegenden Unterlagen ebenso wenig wie dem Vortrag im Klageverfahren entnehmen lässt, welcher Tätigkeit welches Gewicht zukommt. Den eigenen Angaben des Klägers im Besteuerungsverfahren zufolge übt er die Tätigkeit eines Drehbuchautors im häuslichen Arbeitszimmer nicht aus; die Darstellung der beruflich im Arbeitszimmer auszuführenden Tätigkeiten in dem am 5. Februar 2002 vom Kläger ausgefüllten Fragebogen der Finanzverwaltung enthält lediglich Arbeiten im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Schauspieler. Geht man zugunsten der Kläger davon aus, dass die Tätigkeit des Klägers als Drehbuchautor im Streitjahr nur untergeordneten Charakter hatte, wofür auch der Bekanntheitsgrad des Klägers als Schauspieler sprechen mag, kann dennoch nicht festgestellt werden, dass der Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer lag.

Die Tätigkeiten im häuslichen Arbeitszimmer prägen nicht die gesamte berufliche Tätigkeit, sondern dienen lediglich der Vorbereitung und Unterstützung der eigentlichen Tätigkeit, die außer Haus verrichtet wird (vgl. BFH, Urteile vom 16. Dezember 2004 IV R 19/03, a.a.O.; und vom 24. Februar 2005 IV R 29/03, BFH/NV 2005, 1271). Auch nach der eigenen Darstellung der Kläger bereitet sich der Kläger im häuslichen Arbeitszimmer im Wesentlichen auf Dreharbeiten vor, indem er seinen Text lernt, Drehbücher auswertet und Literatur zum Umfeld der jeweiligen Handlung liest. Weiter trainiert er regelmäßig für einen Schauspieler unerlässliche Fähigkeiten (Stimmbildung, Körperschulung, Gestik, Mimik). Darin kann nur dann der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit liegen, wenn dies für seine Tätigkeit als Schauspieler insgesamt prägend ist. Die berufliche Tätigkeit eines Schauspielers wird jedoch nicht maßgeblich durch diese Vorbereitungshandlungen geprägt, sondern durch die künstlerische Darbietung auf der Bühne oder vor Mikrofon und Kamera geprägt. Dementsprechend hat es bereits der 13. Senat des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg abgelehnt, den unbeschränkten Abzug der Kosten des häuslichen Arbeitszimmers einer Schauspielerin zuzulassen (Urteil vom 15. November 2007 13 K 2232/04). Der 13. Senat hat dazu u. a. ausgeführt:

„Der Senat gelangt in Würdigung aller Umstände des Streitfalls zu der Überzeugung, dass die Arbeiten der Klägerin im häuslichen Arbeitszimmer, auch wenn sie nicht nur zeitlich einen großen Teil der Tätigkeit der Klägerin ausmachen, letztlich nur vorbereitenden Charakter für die jeweiligen Film- und Fernsehaufnahmen tragen. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin als Film- und Fernsehschauspielerin lag hingegen außerhalb des Arbeitszimmers in ihrer Rollendarstellung während der Filmaufnahmen. Nach dem vom Interessenverband Deutscher Schauspieler e.V. vertretenen Berufsbild ist es die wesentliche Aufgabe des Schauspielers, mit den Mitteln des darstellenden Spiels das Publikum von der von ihm verkörperten Rolle zu überzeugen. An seine Arbeit in den verschiedenen Medienbereichen (Bühne, Film, Fernsehen, Rundfunk) wird der Anspruch erhoben, kreative Prozesse beim Zuschauer auszulösen, ihn zu unterhalten und ihn über sinnliche Erfahrungen mit neuen Gedanken, Seh- und Hörweisen bekannt zu machen. Erst der Einsatz seines Talents, der handwerklichen Fähigkeiten, der Anwendung von Stimme, Mimik, Gestik und Körpersprache ermöglicht es ihm, einen Charakter glaubhaft darzustellen und diesen in ein künstlerisches Gesamtwerk homogen einzufügen. Dies geschieht bei der unmittelbaren Arbeit im Rahmen einer Film- und Fernsehproduktion, im Regelfall durch das Zusammenwirken der hieran Mitwirkenden. Dem Film- und Fernsehschauspieler wird hierbei eine Rolle übertragen, die er vor der Kamera durch die Ausdrucksgesten der Sprache und der physischen und psychischen Aktion interpretiert. Darin sind die wesentlichen und den Beruf prägenden Handlungen zu sehen. Der Klägerin ist zuzugeben, dass die im häuslichen Arbeitszimmer erfolgende Einstudierung der Rolle, wozu das Lesen des Drehbuchs, das Analysieren und Lernen des Textes wie auch die Auseinandersetzung mit dem Filmstoff gehört, zeitaufwendig und unverzichtbar ist. Dennoch sind diese Arbeiten nicht insgesamt prägend, sondern dienen – ebenso wie die persönliche Organisation des Arbeitsablaufs bis hin zur Vertragsgestaltung und Abwicklung – der Vorbereitung und Unterstützung der erst während der eigentlichen Produktion umzusetzenden Rollendarstellung. Entgegen der Meinung der Bevollmächtigten ist die unmittelbare Darstellung vor der Kamera gegenüber dem Erlernen der Rolle, das kein Selbstzweck ist, qualitativ anders zu gewichten, weil sich erst hier die eigentliche Bestimmung des Schauspielers, das Publikum von der von ihm verkörperten Rolle zu überzeugen, verwirklicht.

Das von der Klägerin zur Begründung ihrer Auffassung herangezogene Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 23.11.1999 II 397/99, wonach das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit eines Fernsehregisseurs bilden kann, führt zu keiner anderen Beurteilung. Das Finanzgericht Hamburg sah in dem entschiedenen Fall die mit den Dreharbeiten nicht unmittelbar verbundenen Leistungen im häuslichen Arbeitszimmer als gleichrangigen Teil der Haupttätigkeit des Regisseurs und damit nicht als typische Vor- oder Nacharbeiten an, weil bei keinem Arbeitsschritt dessen individuelle Arbeit austauschbar wäre, die einzelnen Arbeitsschritte ineinander griffen und der jeweils folgende nicht ohne den vorangegangenen ausführbar gewesen sei. Nach der Auffassung des Finanzgerichts Hamburg unterscheide sich hierin die Tätigkeit eines Regisseurs von der anderer Berufsgruppen, wie z. B. einem Musiker, Universitätsprofessor oder Lehrer, denn bei diesen hänge die Qualität der Darbietung oder der Lehrveranstaltung von entsprechender häuslicher Vorbereitung ab. Die Haupttätigkeit, die in der eigentlichen Lehr- oder Vortragstätigkeit bestehe, sei in diesen Fällen aber auch ohne Vorarbeiten durchführbar und bei entsprechender Routine nicht selten. Damit hat das Finanzgericht Hamburg gerade in Abgrenzung zu solchen Berufen, bei denen – wie bei der Klägerin – die Qualität der als Haupttätigkeit anzusehenden Darbietung durch häusliche Vorbereitung bestimmt wird, die Mittelpunktsbestimmung der Tätigkeit des Fernsehregisseurs vorgenommen, so dass auch aus den in dieser Entscheidung angestellten Erwägungen für den Beruf der Klägerin kein unbegrenzter Abzug der Aufwendungen für das Arbeitszimmer herzuleiten ist.“

Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich der erkennende Senat an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist mangels Grundes nicht zuzulassen.

Normen:

EStG:4/5/1/6b

Rechtsausführungen bestätigt durch BFH Urteil VIII R 4/09 v. 9.8.2011

Weitere Artikel zum Thema

Anscheinsbeweis spricht bei Alleingesellschafter-Geschäftsführer trotz Nutzungsverbots für Privatnutzung
Welche Anforderungen gelten für die Beteiligungsschwelle des § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG?
Steuervorbescheide (Tax rulings): Die Gesellschaften multinationaler Konzerne in Belgien gewährten Steuervergünstigungen stellen eine rechtswidrige Beihilferegelung dar

Relevante Kategorien

AllgemeinGesellschaftsrechtRechtsprechungSteuerrechtSteuerstrafrechtVertragsrechtWirtschaftsstrafrecht