Rechtsprechung

Prüfung des Hauptzollamts nach dem Mindestlohngesetz bei einem im EU-Ausland (hier: Polen) ansässigen Unternehmen der Transport- und Logistikbranche zur Klärung der Anwendbarkeit des Mindestlohngesetzes: EU- und verfassungsrechtliche Zulässigkeit – Ermessensausübung bei Prüfungsanordnung – vorlagepflichtige Unterlagen – Zweijahresfrist für Überprüfung

Prüfung des Hauptzollamts nach dem Mindestlohngesetz bei einem im EU-Ausland (hier: Polen) ansässigen Unternehmen der Transport- und Logistikbranche zur Klärung der Anwendbarkeit des Mindestlohngesetzes: EU- und verfassungsrechtliche Zulässigkeit – Ermessensausübung bei Prüfungsanordnung – vorlagepflichtige Unterlagen – Zweijahresfrist für Überprüfung

Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 1-K-1174/17

Urteil vom 16.01.2019

Orientierungssatz:

  1. Auch wenn ein Unternehmen der Transport- und Logistikbranche in Polen ansässig ist und auf die mit seinen Fahrern geschlossenen Arbeitsverträge grundsätzlich polnisches Recht anwendbar ist, unterliegt das Unternehmen dem Mindestlohngesetz und der Überprüfung durch das zuständige Hauptzollamt, wenn es widersprüchliche Erklärungen zum Einsatz mehrerer Mitarbeiter im Inland gemacht hat und mit der Prüfung zunächst festgestellt werden soll, ob überhaupt ein Anknüpfungspunkt für die Geltung des Mindestlohngesetzes bezüglich dieser Fahrer gegeben ist. Somit ist auch eine Überprüfung zulässig, ob wie später angegeben nur Transitverkehr durchgeführt worden ist (Ausführungen zur Ermessensausübung des Hauptzollamts bei Erlass einer Prüfungsverfügung nach dem Mindestlohngesetz).

  2. Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns auch im Speditions- und Transportsektor und die damit verknüpften Nachweis- und Kontrollvorschriften stehen im Einklang mit Europarecht sowie Verfassungsrecht und verstoßen insbesondere nicht gegen die auch im Verkehrssektor geltende Dienstleistungsfreiheit (Art. 56, 58 Abs. 1 i. V. m. Art. 91 AEUV), die Warenverkehrsfreiheit (Art. 34 ff. AEUV) sowie das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), das Eigentumsrecht (Art. 14 Abs. 1 GG), den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).

  3. Es steht im Ermessen des Hauptzollamts, im Rahmen einer Mindestlohnprüfung nicht nur die nach § 17 Abs. 1 MiLoG (bzw. § 1 Abs. 1 MiLoAufzV) zu führenden Aufzeichnungen, sondern auch weitere Unterlagen wie CMR-Frachtbriefe, Daten der Fahrerkarten im DDD-Format, GPS-Fahrzeugdaten anzufordern und zu prüfen. Die Prüfungsbefugnis ist auch nicht lediglich auf den Zeitraum beschränkt, in dem sich die Fahrer im Bundesgebiet aufhalten.

  4. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Vorlage von Unterlagen nach §§ 15 S. 1 Nr. 1, 2 MiLoG besteht auch dann noch, wenn vor Ablauf von zwei Jahren eine Prüfungsanordnung erlassen worden ist, mittlerweile mehr als zwei Jahre vergangen sind und dies auf die Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Prüfungsverfügung durch den Arbeitgeber zurückzuführen ist.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine im Bereich Spedition, Transport und Logistik tätige juristische Person polnischen Rechts, wendet sich gegen eine Prüfungsverfügung nach dem Mindestlohngesetz.

Die Klägerin übermittelte der Bundesfinanzdirektion West, jetzt: Generalzolldirektion, Anfang August 2016 auf dem dafür vorgesehenen Vordruck ihre Einsatzplanung für den Zeitraum vom 4. August bis 30. September 2016. Das von ihr nicht unterzeichnete Formular enthielt die Angabe, im genannten Zeitraum würden im Bundesgebiet drei Mitarbeiter für „Der Transit“ eingesetzt.

Der Beklagte erließ am 23. September 2016 eine Prüfungsverfügung, mit der er bis zum 7. November 2016 die Vorlage von Arbeitsverträgen, Lohnabrechnungen, Nachweisen über die Zahlung der Löhne, Arbeitszeitaufzeichnungen sowie Firma und Anschrift der jeweiligen Auftraggeber für zwei der drei in der Meldung angegebenen Arbeitnehmer im Zeitraum vom 4. August bis 30. September 2016 verlangte. Da die Klägerin eine Einsatzplanung gemeldet habe, gehe er davon aus, dass die Arbeitnehmer im Kabotageverkehr oder im grenzüberschreitenden Straßenverkehr mit Be- oder Entladung im Inland beschäftigt würden.

Die Klägerin legte am 27. Oktober 2016 Einspruch ein. Sie machte geltend, das Mindestlohngesetz führe letztlich zu einer Marktabschottung. Die durch das Gesetz bewirkte Rechtsunsicherheit und der unverhältnismäßige bürokratische Aufwand seien europarechts- sowie verfassungswidrig. Zudem sei das Mindestlohngesetz auf die Transportbranche unanwendbar. Sollte es doch anwendbar sein, fehle eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Prüfungsanordnung. Bereits in der überobligationsmäßig erfolgten Meldung habe die Klägerin angegeben, dass die Mitarbeiter lediglich Transitfahrten durchführten. Anhaltspunkte, dass das unzutreffend sei, gebe es nicht. Die Durchführung von Transitverkehren sei derzeit jedoch nach Mitteilung des Bundesarbeitsministeriums weder meldepflichtig, noch seien dafür Aufzeichnungen nach dem Mindestlohngesetz erforderlich.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 19. Juni 2017 zurück. Der Mindestlohn gelte auch für Tätigkeiten, die nur kurzzeitig auf deutschem Staatsgebiet ausgeübt würden. Ob die Klägerin mindestlohnpflichtig gewesen sei, lasse sich nur durch eine Prüfung feststellen. Ihre Angaben und ihr Verhalten seien widersprüchlich. Zwar bestehe derzeit keine Meldepflicht im Transitverkehr. Da sie dennoch eine Meldung abgegeben habe, sei aber davon auszugehen, dass die angegebenen Arbeitnehmer im Kabotageverkehr oder grenzüberschreitenden Straßenverkehr mit Be- oder Entladung in der Bundesrepublik beschäftigt worden seien. Insofern bestehe ein Bedürfnis nachzuprüfen, ob tatsächlich nur Transitfahrten durchgeführt worden seien. Die Verfügung beruhe auf § 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) i.V.m. § 15 Mindestlohngesetz (MiLoG). Das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz umfasse auch Prüfungen der Arbeitsbedingungen. Die Klägerin sei nach § 17 MiLoG verpflichtet, die erforderlichen Unterlagen in deutscher Sprache für die gesamte Dauer der Inlandsbeschäftigung in der Bundesrepublik zu Kontrollzwecken bereitzuhalten. Sie sei davon insofern befreit, als sie versichert habe, dass sie die Unterlagen auf Anforderung in deutscher Sprache bereitstellen werde. Das Mindestlohngesetz finde auch Anwendung. Zwar habe die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet, doch blieben die Vorschriften anwendbar. Die durch § 20 MiLoG auch für ausländische Arbeitgeber und Arbeitnehmer begründete Pflicht zur Zahlung des Mindestlohns sei nach § 2 Nr. 1 Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) als Eingriffsnorm im Sinne von Art. 9 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht (Rom-I-VO) anzusehen. Es setze die in Art. 3 Abs. 1 Satz 1c Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (EntsendeRL) enthaltene Forderung um, staatliche Mindestentgeltbestimmungen als Eingriffsnormen auszugestalten. Die Anwendung des Mindestlohngesetzes sei lediglich für den reinen Transitverkehr ausgesetzt. Ein milderes Mittel sei nicht erkennbar.

Die Klägerin hat am 14. Juli 2017 Klage erhoben.

Nachdem der Senat die Vollziehung der Prüfungsverfügung mit Beschluss vom 7. Februar 2018 (1 V 1175/17) ausgesetzt hatte, ersetzte der Beklagte diese Verfügung durch die Prüfungsverfügung vom 26. März 2018. Darin ordnete er die Prüfung an, ob die beiden Arbeitnehmer für die Zeit vom 4. August bis zum 30. September 2016 während der Zeit ihrer Beschäftigung in Deutschland mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns bezahlt worden seien. Obwohl Kontrollen für den Transitverkehr derzeit ausgesetzt seien, bestehe Prüfungsbedürfnis, denn die Klägerin habe gleichwohl eine Meldung nach dem Mindestlohngesetz vorgenommen. Zum Zwecke der Prüfung seien sämtliche CMR-Frachtbriefe, die Daten der Fahrerkarten im DDD-Format sowie die GPS-Daten der von den beiden Fahrer für die im genannten Zeitraum durchgeführten Fahrten benutzten Fahrzeuge vorzulegen.

Die Klägerin, deren dagegen gerichteter Einspruch vom Beklagten im Hinblick auf § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) am 4. Mai 2018 als unzulässig verworfen worden war, hält die Prüfungsverfügung unverändert für rechtswidrig.

1. Die geänderte Prüfungsverfügung verstoße gegen einfaches Recht.

Der Beklagte sei zum Erlass der Verfügung örtlich unzuständig, denn es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten Transportdienstleistungen ausgeführt habe. Zudem bestünden keine Anhaltspunkte, dass die Klägerin auf dem Gebiet der Bundesrepublik Transportleistungen ausgeführt oder von ihr beschäftigte Mitarbeiter im Bundesgebiet tätig gewesen seien. Die gemeldete Einsatzplanung belege nicht, dass die beiden Mitarbeiter tatsächlich auf deutschem Staatsgebiet tätig geworden seien, denn § 3 Abs. 2 Mindestlohnmeldeverordnung (MiLoMeldV) gebe vor, dass Änderungen des Einsatzplanes nicht zu melden seien. Auch sei unklar, auf welche Vorschrift der Beklagte die geforderte Vorlage von Unterlagen stützen wolle, denn der Beklagte sei auf die Prüfung der im Mindestlohngesetz genannten Unterlagen beschränkt. Die geforderten Unterlagen gehörten nicht dazu. Der Rückgriff auf das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz sei ausgeschlossen, denn § 17 Abs. 2 MiLoG sei spezieller. Die Norm verpflichte dazu, bestimmte Unterlagen für die Dauer der tatsächlichen Inlandsbeschäftigung bereitzuhalten. Diese Pflicht ende mit dem Verlassen der Bundesrepublik. Sei die Pflicht erloschen, gehe die Prüfungsverfügung ins Leere, denn sie betreffe ausschließlich abgeschlossene Transportverhältnisse. Zudem sei § 5 Abs. 1 SchwarzArbG schon nach seinem Wortlaut nicht erfüllt. Die Vorschrift gelte für die Klägerin nur dann, wenn sie bzw. ihre gesetzlichen Vertreter bei der Prüfung angetroffen würden. Das sei nicht der Fall.

Zudem gehe die Verfügung über das Erforderliche weit hinaus, indem sämtliche CMR-Frachtbriefe angefordert würden, ohne dies auf diejenigen Briefe zu beschränken, in denen die zu prüfenden Fahrer eingetragen seien. Weiter sei zu bedenken, dass nach der Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung Meldung und Dokumentation unterbleiben könnten, wenn die Arbeitnehmer ein verstetigtes monatliches Entgelt von über 2000 EUR erzielten. Darauf nehme die Prüfungsverfügung keine Rücksicht, obwohl der Beklagte sicherstellen müsse, dass Ausnahmen beachtet würden. Darüber hinaus liege in der Datenanforderung ein Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung und fehle in der Prüfungsverfügung die nach § 103 Abgabenordnung (AO) erforderliche Belehrung. Auch sei die Verfügung vom 26. März 2018 aufzuheben, weil darin unzutreffend behauptet werde, der Mindestlohn habe im am 30. September 2016 endenden Prüfungszeitraum 8,84 EUR betragen.

Schließlich habe sich das Prüfungsanliegen zwischenzeitlich erledigt, denn die Aufbewahrungsfrist betrage nach § 17 Abs. 2 Satz 1 MiLoG maximal 2 Jahre. Die Klägerin sei nicht bereit, Unterlagen überobligationsmäßig bereitzuhalten. Sie werde etwaige, wie auch immer geartete Unterlagen nicht mehr bereithalten. Die anderslautende Auffassung des Finanzgerichts Baden-Württemberg im Urteil vom 17. Juli 2018 (11 K 544/16, juris) sei nicht nachvollziehbar.

2. Dessen ungeachtet unterliege die Klägerin von Anfang an nicht den Vorschriften des Mindestlohngesetzes.

Das Mindestlohngesetz finde auf ausländische Transportunternehmen keine Anwendung. Die Klägerin sei weder Arbeitgeberin im Sinne von § 20 MiLoG, noch Auftraggeberin im Sinne von § 21 MiLoG. Der Wortlaut von § 20 MiLoG, der an „im Inland beschäftigte Arbeitnehmer“ anknüpfe, fordere das Bestehen eines Arbeitsvertrages nach deutschem Recht. Insofern erfasse § 20 MiLoG nur Arbeitgeber mit Sitz oder Niederlassung im Inland, bei der Mitarbeiter beschäftigt würden. Dies werde durch einen systematischen Vergleich zum Arbeitnehmer-Entsendegesetz bestätigt, das in § 1 AEntG zwischen Entsendung und Beschäftigung unterscheide, während § 20 MiLoG solches nicht vorsehe. Da der Begriff der Beschäftigung im Inland im Mindestlohngesetz nicht definiert werde, müsse an § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) angeknüpft werden, der den Beschäftigungsbegriff sozialversicherungsrechtlich definiere. Das führe gleichfalls zur Unanwendbarkeit des Mindestlohngesetzes, denn das Weisungsrecht werde im Ausland ausgeübt, wo auch die beiden Mitarbeiter beschäftigt würden, deretwegen die Prüfung angeordnet worden sei. Im Übrigen entspreche es Sinn und Zweck des Mindestlohngesetzes, wenn es nicht auf kurzfristige Tätigkeiten von Arbeitnehmern im Inland Anwendung finde, denn die mit dem Gesetz verfolgten Ziele würden dadurch nicht gefährdet.

3. Das Mindestlohngesetz wie die Prüfungsverfügung selbst seien verfassungswidrig.

a) Es liege ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vor.

Art. 12 Abs. 1 GG finde auch auf im Ausland ansässige juristische Personen Anwendung. Das Grundrecht schütze die Transporttätigkeit der Klägerin im Bundesgebiet. Darin werde durch die Prüfungsverfügung ebenso eingegriffen wie durch das Gesetz selbst. Ein Eingriff liege vor, weil ausländischen Transportunternehmen für die Vergütung ihrer Mitarbeiter deutsche Lohnvorgaben aufgezwungen und in Polen als Lohnbestandteil anerkannte Zulagen nicht als vollständig anrechnungsfähig angesehen würden. Dies betreffe insbesondere die polnische Entsendezulage. Das führe dazu, dass der Klägerin durch die Tätigkeit in Deutschland höhere Personalkosten als im Inland (Polen) entstünden, was ein Marktzugangshindernis bedeute. Darüber hinaus lägen in den administrativen Pflichten aus §§ 16, 17 MiLoG weitreichende Eingriffe, die mit erheblichen zeitlichen und finanziellen Belastungen für die Klägerin verbunden seien.

Die Eingriffe seien nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber dürfe dem Hauptzollamt die Befugnis zum Erlass der Prüfungsverfügung nicht übertragen. Zwar habe der Bund die Gesetzgebungskompetenz für das Arbeitsrecht, wozu auch der Mindestlohn gehöre, doch berechtige das nicht zur Ausstattung der Zollbehörden mit umfangreichen Polizeibefugnissen, wie sie beispielsweise in § 21 MiLoG geregelt seien. Dabei handle es sich um eine den Ländern vorbehaltene Befugnis, in die durch die Zuweisung zollfremder Aufgaben an die Bundeszollverwaltung eingegriffen werde. Der Übergang vom Prüfungs- zum Bußgeldverfahren sei fließend, weswegen eine Prüfungsverfügung nicht ergehen dürfe.

Das Mindestlohngesetz selbst sei auch materiell verfassungswidrig. Zwar verfolge der Gesetzgeber grundsätzlich ein legitimes Ziel, doch führten die damit bewirkten Eingriffe nur teilweise dazu, den gesetzgeberisch verfolgten Zweck zu erreichen. So sei die Kontrolle von Personen, die nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes fielen, schon nicht erfasst. Die Anknüpfung an nationale Lohnabrechnungssysteme sei zwar geeignet, die Ziele des Gesetzes zu erreichen, was auch für die Stundenaufzeichnungen gelte, doch sei deren Informationsgehalt letztlich nur sehr gering, da die Regelung nur auf Deutschland beschränkt sei. An sich sei eine europaweite Regelung zur Erfassung der Arbeitszeit geboten. Wenn Arbeitnehmer die nach einem ausländischen Lohnvergütungssystem vorgeschriebene Vergütung erhielten, sei das zudem ausreichend. Auch die Meldepflicht und die Dokumentationspflichten seien geeignet, doch fehle es insoweit an der Erforderlichkeit. Hier gebe es mildere Mittel. So sei es beispielsweise möglich, nur einmal im Jahr eine Meldung zu verlangen. Auch sei die Anforderung von Übersetzungen nicht erforderlich. Vielmehr könne der Beklagte dafür sprachkundige Mitarbeiter beschäftigen oder eine Kooperation mit ausländischen Behörden eingehen. Schließlich seien die Pflichten auch nicht angemessen. Der Verwaltungsaufwand stehe in Anbetracht der realen Verhältnisse außerhalb jeden Verhältnisses zur dadurch erzielten Erkenntnis. Das werde besonders deutlich, wenn Fahrten durch Europa zur Anwendung einer ganzen Reihe von Mindestlohnvorschriften führten. Tatsächlich spreche das dafür, dass es mit dem Mindestlohngesetz allein um eine Marktabschottung gehe.

b) Darüber hinaus verletze das Mindestlohngesetz die Klägerin auch in ihrem Eigentumsrecht in Form des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs. Hier gelte im wesentlichen dasselbe wie zu Art. 12 Abs. 1 GG. Die Vorschriften des Mindestlohngesetzes führten zu einer ganz erheblichen, letztlich unzumutbaren Mehrbelastung der Klägerin.

c) Das Mindestlohngesetz verstoße auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Zwar unterlägen sowohl inländische als auch ausländische Transportunternehmen der Vorschrift und müssten sich gegebenenfalls Prüfungen unterziehen, doch zeige sich die Ungleichbehandlung beim Umfang der Kontrolle und Prüfung sowohl hinsichtlich administrativer Pflichten wie Meldung und Übersetzung von Unterlagen als auch hinsichtlich der nur teilweise angerechneten Entsendezulagen. Anders als im Rahmen der Sozialversicherungsentgeltverordnung seien die Zuschläge in Polen verpflichtend zu zahlen. Insofern handele es sich um zwingende ausländische Lohnbestandteile, die auf den Mindestlohn anzurechnen seien. Auch die Meldung von Fahrern sei nur dann erforderlich, wenn das Unternehmen nicht im Inland sitze. Auch entstünden einem Inländer keine Kosten für Übersetzungen.

Die darin liegende Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt. Ein legitimer Zweck werde mit der fehlenden Anrechnung von Entsendezulagen nicht verfolgt. Um die soziale Sicherheit der Mitarbeiter zu schützen, sei das Nettogehalt entscheidend, nicht aber die Höhe von Sozialversicherungsbeiträgen, sofern eine adäquate Absicherung gesichert sei, was innerhalb der EU gegeben sei. Auch würde ein Abstellen auf das Bruttogehalt die deutschen Arbeitnehmer benachteiligen. Die fehlende Anrechnung von Zuschlägen führe dazu, dass polnische Kraftfahrer infolge des Mindestlohngesetzes höhere Zuwendungen erhielten als deutsche Fahrer. Das führe zu einem Wettbewerbsvorteil deutscher Speditionen, deren Personalkosten auf Basis des Mindestlohns tatsächlich geringer würden. Zudem seien sie den Melde- und Übersetzungspflichten nicht ausgesetzt, was ihnen hohe Kosten erspare. Das führe zu einer unangemessenen Benachteiligung ausländischer Spediteure gegenüber deutschen Mitbewerbern.

d) Schließlich verletze das Mindestlohngesetz auch den Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 103 Abs. 2 GG. Letzteres ergebe sich daraus, dass die Unterschreitung des Mindestlohns zur Anwendbarkeit von § 266a Strafgesetzbuch führe.

Die Unbestimmtheit folge daraus, dass das Mindestlohngesetz selbst nicht konkret regele, für welche Adressatengruppe es gelte. Auch ergebe sich nicht, auf welche Transportarten es anzuwenden sei. Die Mitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, die Geltung des Mindestlohngesetzes für Transitfahrten werde ausgesetzt, sei ein rechtliches Nullum, denn dies sei rechtstechnisch nicht umgesetzt worden. Insofern würden Arbeitnehmer grundsätzlich auch bei Transitfahrten Anspruch auf Mindestlohn haben. Auch sei nicht definiert, was unter einem Transittransport zu verstehen sei. Weiter sei ungeklärt, was mit Leerfahrten zu geschehen habe. Zudem lasse das Mindestlohngesetz auch offen, welche Vergütungsbestandteile für welche Arbeitszeit zu zahlen seien. Dies sei teilweise bereits durch Rechtsprechung geklärt, doch gebe es etwa in Bezug auf Mehrverpflegungsaufwands- oder Übernachtungspauschalen durchaus noch Klärungsbedarf. Das gelte umso mehr, wenn es sich um speziell nach ausländischem Recht zu zahlende Pauschalen handele. Beispielsweise könnten polnische Kraftfahrer bei Fahrten nach Deutschland Anspruch auf Zahlung von Zuschlägen zwischen 44,60 EUR und 86,50 EUR täglich haben, deren Auswirkung auf den anzusetzenden Arbeitslohn offen sei. Hier wechsle auch die Haltung der Zollverwaltung. Würden die Zuschläge nicht berücksichtigt, so erhöhe sich der Mindestlohn für die polnischen Fahrer auf 14,07 EUR/h. Polnische Transporteure hätten dann höhere Arbeitsentgelte zu zahlen als deutsche. Aus der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 12. Februar 2015 – C-396/13 -, „Satakunnan“) folge eine Pflicht zur vollständigen Anrechnung, was der Beklagte übersehe. Überhaupt sei in den Ländern der EU vollkommen uneinheitlich geregelt, was Bestandteil des Mindestlohns sei. Das gelte auch für die Frage, wie mit Freizeitausgleich umzugehen sei. § 2 Abs. 2 MiLoG sehe hier ein Arbeitszeitkonto vor, doch stelle sich die Frage, wie vorzugehen sei, wenn Überstunden in Deutschland in Polen durch Freizeitausgleich abgegolten würden. Auch der Umrechnungskurs von Zloty in Euro sei nicht gesetzlich geregelt. Die diesbezügliche Handhabung variiere und es sei letztlich nicht zuverlässig festzustellen, in welcher Weise die Klägerin die Umrechnung vorzunehmen habe.

4. Darüber hinaus sei das Mindestlohngesetz nicht europarechtskonform. Es verstoße gegen die Warenverkehrsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit. Zudem sei der Eingriff in das nationale polnische Arbeitsrecht nicht durch Art. 9 Rom-I-VO gerechtfertigt.

a) Die Tätigkeit der Klägerin, die Frachtgut über die Grenze hinweg befördere, falle in den Anwendungsbereich auch der Warenverkehrsfreiheit (Art. 34 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV -). Hier liege ein Eingriff durch eine Maßnahme gleicher Wirkung vor, denn durch das Mindestlohngesetz werde die Transportkapazität für Unionsware eingeschränkt. Folge der Anwendung des Mindestlohngesetzes sei nämlich ein geringeres oder teureres Angebot an Frachtkapazitäten, was zu einem Handelshindernis führe und den Austausch von Unionswaren zwischen Mitgliedsstaaten einschränke. Für die unionsrechtliche Prüfung komme es nicht darauf an, dass oder ob die Klägerin vom Anwendungsbereich der Warenverkehrsfreiheit erfasst werde. Ein Rechtfertigungsgrund liege nicht vor. Zwar möge es unter Umständen ein zwingendes Erfordernis des Allgemeininteresses für die Regelung des Mindestlohns geben, doch sei das in der konkreten Ausgestaltung nicht der Fall.

b) Insbesondere verstoße das Mindestlohngesetz aber gegen die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) und das Diskriminierungsverbot für die Transportbranche (Art. 92 AEUV).

Ein Eingriff liege vor. Die Meldepflicht und die Pflicht zur Vorlage von Übersetzungen seien offene Diskriminierungen, während der Mindestlohn ansonsten jedenfalls den freien Zugang zum deutschen Markt unmittelbar beeinflusse. Eine Rechtfertigung des Eingriffs jedenfalls bei Kurzzeiteinsätzen gebe es nicht. Solche Einsätze böten nur geringe Berührungspunkte zu den Lebensverhältnissen in der Bundesrepublik und führten nicht zu einer Integration der Arbeitnehmer in die deutschen Sozialsysteme. Insofern habe die Einbeziehung von ausländischen Fernfahrern keine Relevanz für die Durchsetzung des flächendeckenden Mindestlohns. Die damit einhergehenden administrativen Pflichten seien weder durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls gedeckt noch seien sie verhältnismäßig. Überhaupt sei zweifelhaft, ob die Zahlung des Mindestlohns bei kurzzeitigen Einsätzen von der Entsenderichtlinie gedeckt werde. Typische Kurzzeitaufenthalte von Kraftfahrern seien nach der CMR-Konvention keine Entsendung im Sinne der Entsenderichtlinie, die einen Entsende- und einen Aufnahmestaat vorsehe. Bei internationalen Transporten gemäß der CMR-Konvention könne es täglich mehrere Aufnahmestaaten geben.

Zudem sei eine etwaige gleichzeitige Entsendung in mehrere EU-Mitgliedstaaten letztlich im Rahmen der Lohnbuchhaltung unmöglich zu bewältigen. Nationale Regelungen seien nicht abgestimmt und es gebe erhebliche Unterschiede hinsichtlich des Ob und Wie der Mindestlöhne in den verschiedenen Staaten. Gleiches gelte für die Arbeitszeit und Vergütungsbestandteile. Auch sei es unverhältnismäßig, sich über die Entwicklung in allen Ländern auf dem Laufenden halten zu müssen.

Die Aufzeichnungspflichten seien im Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 15. März 2001 – C-165/98 -, „Mazzoleni und ISA“) unzumutbar. Unter Bezugnahme auf den Aufsatz von Hantel (NZA 2015, 413) könne der Aufnahmestaat keine Dokumentationen oder Nachweise verlangen, die bereits im Niederlassungsstaat angefertigt würden. Zudem seien weitere Nebenpflichten zur Kontrolle nicht mit der Entsenderichtlinie kompatibel. Diese seien zwar in der Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems (DurchsetzungsRL) angelegt, doch müssten sie selbst jeweils verhältnismäßig sein. Hier führten sie zur Diskriminierung der Klägerin und einer Bevorzugung der deutschen Konkurrenz.

c) Schließlich sei die Anwendung des Mindestlohngesetzes auf die polnischem Recht unterliegenden Arbeitsverträge auch kollisionsrechtlich unzulässig. Nach Art. 8 Rom-I-VO sei grundsätzlich das Recht des Herkunftsstaates, hier also Polens, anzuwenden. Anderes gelte nur, wenn Art. 9 Rom-I-VO Anwendung finde. Das fordere eine zwingende Vorschrift, deren Einhaltung von einem Staat als entscheidend zur Wahrung seines öffentlichen Interesses angesehen werde. Zwar könne das Mindestlohngesetz eine solche Regelung sein, doch gelte das nicht für nur kurzzeitige Tätigkeiten im Bundesgebiet.

Weiter verweist die Klägerin auf Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofs (9 ObA 53/16h vom 29. November 2016, NZA-RR 2017, 180), des AG Weißenburg (1 C 435/16 vom 11. August 2017) sowie des Gerechtshof s´Hertogenbosch (JAR 2017/51 vom 2. Mai 2017, nur in niederländischer Sprache).

5. Der nach Aufhebung der ursprünglich angefochtenen Prüfungsverfügung gestellte Fortsetzungsfeststellungsantrag sei zulässig. Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, denn nur bei einer Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ursprungsverfügung könne sie Rechtssicherheit bezüglich der Zulässigkeit der zunächst beabsichtigten Prüfung erreichen. Im Übrigen ergebe sich die Zulässigkeit dieses Begehrens aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2015 (1 BvR 555/15, NJW 2015, 2242). Die ursprüngliche Prüfungsverfügung sei nicht zuletzt deshalb rechtswidrig gewesen, weil darin Auftraggeber angegeben werden sollten. Diese Daten seien ausschließlich für Bußgeldverfahren erforderlich. Zudem bedeute dies für sie eine unverhältnismäßige administrative Mehrbelastung, zumal die Auftraggeber auch noch im Nachgang über die Prüfung durch den Beklagten zu informieren seien. Dies berge die Gefahr einer Leumundsschädigung. Im Übrigen fehle für eine Pflicht zur Benennung der Auftraggeber eine Rechtsgrundlage. Hierin liege letztlich eine Art Outsourcing von Kontrollaufgaben auf Private, denn bei der Bekanntgabe der Auftraggeberdaten stehe nicht die Durchführung der Prüfung, sondern die Überwachung im Vordergrund.

Auch der Hilfsantrag sei ausgehend von den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zulässig. Insbesondere könne der Klägerin nicht das berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung abgesprochen werden.

Die Klägerin beantragt,

  1. die Prüfungsverfügung vom 26. März 2018 und die Einspruchsentscheidung vom 19. Juni 2017 aufzuheben;

  2. festzustellen, dass die Prüfungsverfügung vom 23. September 2016 rechtswidrig war;

    1. sowie hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1., festzustellen, dass auch im Falle der (zumindest teilweisen) Anwendbarkeit des Mindestlohngesetzes auf die Klägerin als Transportunternehmen aus einem anderen EU-Mitgliedstaat bei Transittransporten, Kabotagetransporten, internationalen Transporten mit Be- oder Entladeort in der Bundesrepublik Deutschland sowie Leerfahrten die polnischen Zuschläge (Verpflegungspauschale, Übernachtungspauschale) in voller Höhe auf den Mindestlohn angerechnet werden müssen.

    Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die an die Stelle der Verfügung vom 23. September 2016 getretene Prüfungsverfügung vom 26. März 2018 sei nach § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden. Er sei zum Erlass der Verfügungen zuständig.

Die Vorschriften des Mindestlohngesetzes und der dazu ergangenen Verordnungen seien gültig. Die Meldepflicht diene dazu, die Kontrolle des Mindestlohns für mobile Tätigkeiten zu ermöglichen. Die Mindestlohnmeldeverordnung schaffe für diesen Adressatenkreis Vereinfachungen. Ein Verstoß gegen Unionsrecht liege nicht vor. Der Europäische Gerichtshof habe das Erfordernis vorheriger Anmeldung bei Aufnahme einer Tätigkeit im Ausland anerkannt, um die jeweils erforderlichen Kontrollen zu ermöglichen und Betrugsfälle zu verhindern. Hier sei die risikoorientiert vorzunehmende Prüfung wegen widersprüchlicher Sachverhaltsangaben geboten. Einerseits habe die Klägerin eine Einsatzplanung eingereicht, darin aber „Der Transit“ angegeben, wofür die Meldepflicht gerade ausgesetzt gewesen sei. Die Prüfung der nunmehr mit der geänderten Prüfungsverfügung angeforderten Unterlagen solle zeigen, ob überhaupt eine Mindestlohnpflicht der Klägerin für die beiden Mitarbeiter bestanden habe.

Die in § 1 Abs. 1, 2 Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung (MiLoDokV) vorgesehenen Befreiungen im Hinblick auf die Höhe des Arbeitslohns eines Arbeitnehmers setzten nach § 1 Abs. 3 MiLoDokV voraus, dass die zum Nachweis erforderlichen Unterlagen im Inland in deutscher Sprache vorlägen. Die Klägerin behaupte selbst nicht, dass die beiden zu prüfenden Arbeitnehmer unter die Befreiung fielen. Im Übrigen sei es Sache der Klägerin, sich über die Rechtslage zu informieren. Eine entsprechende Einschränkung müsse in die Prüfungsverfügung nicht aufgenommen werden. Die Vorlagepflicht sei auch nicht auf die Dauer der tatsächlichen Beschäftigung in Deutschland beschränkt, was aus § 15 MiLoG i.V.m. § 5 Abs. 1 SchwarzArbG folge. § 17 Abs. 2 MiLoG regele ergänzend die Bereithaltung von Unterlagen, nicht aber die Pflicht zur Vorlage. Das sei im Übrigen europarechtlich auch in der DurchsetzungsRL so vorgesehen. Eine Belehrung nach § 103 AO sei nur gegenüber Dritten, nicht aber der Klägerin als unmittelbar am Prüfungsverhältnis Beteiligter geboten.

Dass die Aufbewahrungsfrist aus § 17 Abs. 2 MiLoG aufgrund der bisherigen Verfahrensdauer mittlerweile abgelaufen sei, begründe nicht die Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Prüfung. Die Frage der Aufbewahrung habe nichts mit den Prüfungsbefugnissen zu tun. Die Vorlagepflicht bestehe unverändert fort, selbst wenn die Aufbewahrungsfrist abgelaufen sei. Seien Unterlagen vorhanden, müssten diese vorgelegt werden.

Der Beklagte sei auch befugt, eine Prüfungsverfügung zu erlassen. Die maßgeblichen Regelungen seien verfassungsgemäß. Die Kompetenz des Bundes folge aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG und umfasse, was nicht streitig sei, auch den Mindestlohn. Die Prüfungsverfügung sei keine polizeivollzugsrechtliche Maßnahme, sondern eine dem Zoll übertragene Aufgabe zur Kontrolle der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen. Polizeiliche Befugnisse stünden dem Zoll lediglich bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten zu.

§ 20 MiLoG erfordere keinen Arbeitsvertrag nach deutschem Recht. Art. 3 Abs. 1 EntsendeRL gebe vor, dass entsandten Mitarbeitern im Tätigkeitsstaat Mindestarbeitsbedingungen zu garantieren seien. Das habe der deutsche Gesetzgeber in § 2 Nr. 1 AEntG umgesetzt. Mindestarbeitsbedingungen seien zwingend auch von ausländischen Arbeitgebern einzuhalten, wenn diese im Inland Arbeitnehmer beschäftigten. Die Verwendung des Wortes „zwingend“ stelle klar, dass es sich um eine Vorschrift im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Rom-I-VO handele, die kollisionsrechtlich einzuhalten sei, wenn Arbeitsverträge dem Recht eines anderen Staates unterlägen, wie dies hier der Fall sei. Der Mindestlohn sei ein Mindestentgeltsatz im Sinne von § 2 Nr. 1 AEntG. Die Auffassung der Klägerin würde hingegen dazu führen, dass § 20 MiLoG gegenstandslos werde, denn die Vorschriften des Mindestlohngesetzes fänden auf deutsche Arbeitsverhältnisse ohnehin Anwendung. Auch könne es nicht auf eine Beschäftigung im Sinne von § 7 SGB IV ankommen. Die Norm diene der Abgrenzung der Sozialversicherungspflicht und damit einem gänzlich anderen Zweck. Das Mindestlohngesetz führe nicht zu einer Marktabschottung, sondern lediglich zu einem Mindestschutz zum Erreichen existenzsichernder Einkünfte und unterbinde einen Unterbietungswettbewerb. Dieses gesetzgeberische Konzept würde durch Ausnahmen für ausländische Unternehmen konterkariert werden.

Das Mindestlohngesetz vollziehe die Abwägung in der Entsenderichtlinie zwischen dem Schutz der Arbeitnehmer einerseits und der Dienstleistungsfreiheit andererseits auf nationaler Ebene nach. Die von der Klägerin geforderte vollständige Anrechnung polnischer Entsendezuschläge übersehe, dass Art. 3 Abs. 7 EntsendeRL eine Anrechnung verbiete, soweit dadurch tatsächlich entstandene Kosten ausgeglichen würden. Das sei durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bestätigt und werde von der Zollverwaltung umgesetzt. Die in § 17 MiLoG verlangten Arbeitszeitaufzeichnungen dienten der Kontrolle des Mindestlohns. Da sich das Transportgewerbe durch hohe arbeitszeitliche Fluktuation auszeichne, habe der Gesetzgeber besondere Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten für erforderlich gehalten. Diese Pflichten seien nicht an eine besondere Form gebunden und könnten auch von Arbeitnehmern ausgeführt werden, sofern nur der Arbeitgeber dies hinreichend überwache. Die Pflichten entsprächen den Vorgaben der DurchsetzungsRL.

Die monierten Übersetzungskosten seien allenfalls gering. § 2 Abs. 3 Satz 3 Mindestlohnmeldeverordnung (MiLoMeldV) lasse für ausschließlich mobil tätige Arbeitnehmer, wie die Mitarbeiter der Klägerin, weitreichende Ausnahmen zu. Insbesondere sei es danach nicht erforderlich, die benötigten Unterlagen vorab in die deutsche Sprache zu übersetzen. Es reiche aus, wenn Unterlagen auf Anforderung zur Prüfung in deutscher Sprache in Deutschland bereitgestellt würden. Eine entsprechende Verpflichtung sei auf der Einsatzplanmeldung enthalten. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sei im Übrigen anerkannt, dass entsprechende Übersetzungen zumutbar seien. Zwar handele es sich dabei um Beschränkungen des Dienstleistungsverkehrs, doch werde damit ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt.

Das Mindestlohngesetz stehe im Einklang mit Art. 12 Abs. 1 GG. Es handele sich um eine Regelung der Berufsausübung, zu deren Rechtfertigung vernünftige, zweckmäßige Gründe des Gemeinwohls genügten. Vorliegend diene das Mindestlohngesetz dem Arbeitnehmerschutz, der Sicherung sozialer Sicherungssysteme und der Wettbewerbsgleichheit. Es schütze Arbeitnehmer in einer Situation struktureller Unterlegenheit vor unangemessen niedrigen Löhnen. So habe das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit dem Urheberrecht entschieden, dass die einzelvertragliche Aushandlung von Entgelten beschränkt werden dürfe, um ein soziales und wirtschaftliches Ungleichgewicht auszugleichen (BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2013 – 1 BvR 1842/11 -, BVerfGE 134, 204). Das gleichfalls grundrechtsgeschützte Interesse des Arbeitnehmers an zumutbaren Arbeitsbedingungen überwiege das Interesse der Klägerin an kostengünstigen Lohnbedingungen. Darin liege letztlich die Herstellung praktischer Konkordanz, für die dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum eingeräumt sei. Dieser Spielraum sei erst dann überschritten, wenn eine Position in vollkommen unangemessener Weise berücksichtigt werde. Bei dem Mindestlohn handele es sich um das unterste Maß der Austauschgerechtigkeit. Zudem treffe der Mindestlohn alle Wettbewerber, so dass ein Lohnunterbietungswettbewerb ausscheide. Auch sei es bei generalisierender Betrachtung zulässig, wenn dadurch einzelne Wettbewerber in ihrer Existenz gefährdet würden. Im Übrigen betreffe die Mehrbelastung durch den höheren Lohn nur die tatsächliche Arbeitszeit in Deutschland. Das habe regelmäßig nur eine eher geringe Auswirkungen und seien davon alle Unternehmen in gleicher Weise betroffen. Tatsächlich wolle der Gesetzgeber den Wettbewerb der Produkte und Dienstleistungen, nicht aber der Löhne erreichen.

Eine Beeinträchtigung von Art. 14 GG sei nicht erkennbar. Auch Art. 3 Abs. 1 GG werde nicht verletzt. Hier werde wesentlich Gleiches gleich behandelt. Die Regeln des Mindestlohngesetzes seien für alle anwendbar, die in Deutschland Arbeitnehmer beschäftigten. Gründe, aus denen ausländische Arbeitgeber zu bevorzugen seien, gebe es nicht.

Das Mindestlohngesetz sei auch hinreichend bestimmt. Soweit die Klägerin kritisiere, es regele nicht, wie zu verfahren sei, wenn Tätigkeiten zu Überstunden führten, übersehe sie, dass § 2 Abs. 2 MiLoG eine Ausnahmeregelung zum gesetzlichen Fälligkeitstermin für die Zahlung sei. Inwiefern solches vorliegend überhaupt von Relevanz sei, lasse sich dem Vorbringen der Klägerin nicht entnehmen. Für den Umrechnungskurs sei auf Art. 90 VO (EG) 987/2009 analog zurückzugreifen. Maßgeblich sei dafür der Tag der Lohnabrechnung. Dies sei für die Klägerin günstiger als der variierende Tag der Auszahlung.

Die Warenverkehrsfreiheit werde nicht berührt. Diese trete hinter die Dienstleistungsfreiheit zurück.

Allerdings greife der Mindestlohn in die Dienstleistungsfreiheit ein. Der Verkehrsbereich sei durch die Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs (VO (EG) Nr. 1072/2009) liberalisiert worden. Hierauf seien die Vorschriften über die Dienstleistungsfreiheit entsprechend anzuwenden. Unabhängig von der Entsenderichtlinie habe der Europäische Gerichtshof nationale Regelungen, die unterschiedslos für alle im betreffenden Mitgliedstaat gelten, trotz Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit akzeptiert, wenn sie auf zwingenden Gründen des Allgemeininteresses beruht hätten. Dabei habe das Interesse nicht schon durch Vorschriften im Herkunftsstaat geschützt sein dürfen und die Maßnahme sonst verhältnismäßig sein müssen. Maßgebliche Interessen seien vorliegend der Schutz der Arbeitnehmer und die Verhinderung unlauteren Wettbewerbs durch Unternehmen, die Arbeitnehmern Lohn zahlten, der unterhalb des Mindestlohns liege, soweit dieses Ziel auch dem Arbeitnehmerschutz durch die Bekämpfung von Sozialdumping diene. Die mit dem Mindestlohn verfolgten Ziele entsprächen den Zielen der Europäischen Union, die in Erwägungsgrund 5 der Entsenderichtlinie zum Ausdruck kämen. Die Regelung sei auch verhältnismäßig. Insbesondere sei sie geeignet, den Fahrern tatsächlich einen Vorteil zu verschaffen. Es sei möglich und vielfach wahrscheinlich, dass Arbeitnehmer in Deutschland wegen § 1 MiLoG höhere Entgeltansprüche gegenüber ihren Arbeitgebern hätten, als dies nach den Arbeitsverträgen und den sonst dafür geltenden Vorschriften des Niederlassungsstaates der Fall sei. Sofern im Herkunftsstaat ein höherer Lohn gezahlt werde, stehe das der Geltung des Mindestlohngesetzes nicht entgegen. Insoweit lasse sich dem Erwägungsgrund 17 der EntsendeRL das Günstigkeitsprinzip entnehmen. Es gebe auch keine gleich geeigneten Mittel zum Schutz von Arbeitnehmern in Deutschland. Im Übrigen ziele der Mindestlohn auch nicht auf einen umfassenden Schutz der Arbeitnehmer ab, der letztlich Tarifverträgen vorbehalten bleibe. Vielmehr gehe es um eine unterste Haltelinie und damit die Einhaltung elementarer verfassungsrechtlich geforderter Gerechtigkeitsanforderungen.

Sonstige unionsrechtliche Bedenken gebe es nicht. Dabei sei auch zu beachten, dass das Mindestlohngesetz mit dem Sekundärrecht der Europäischen Union im Einklang stehe, das in primärrechtskonformer Weise zustande gekommen sei. Die Entsenderichtlinie sehe vor, dass Mitgliedsstaaten einen harten Kern an Arbeitsbedingungen auf entsandte Arbeitnehmer anwenden müssten. Dazu zählten auch die Vorschriften über Mindestentgeltsätze. Dies sei spezielles Kollisionsrecht, das den allgemeinen Kollisionsregeln der Rom-I-VO vorgehe. Aus Erwägungsgrund 34 und Art. 23 Rom-I-VO ergebe sich ein Vorrang solcher spezifischen Regelungen, der insbesondere für die Entsenderichtlinie gelte. Insofern schränke Art. 9 Abs. 1 Rom-I-VO den Anwendungsbereich der Entsenderichtlinie nicht ein, sondern werde umgekehrt gerade durch diese konkretisiert. Nur sofern die Entsenderichtlinie nicht anzuwenden sei, stelle sich die Frage, ob Normen des Tätigkeitsstaates anzuwenden seien, wofür es auf Art. 9 Rom-I-VO ankomme.

Welche Kontrollen die Mitgliedstaaten durchführen dürften, um die Arbeitsbedingungen im Sinne der Entsenderichtlinie zu überwachen, sei nicht abschließend in der dazu ergangenen DurchsetzungsRL geregelt. Ausnahmen für den Transportsektor im Hinblick auf die Kurzfristigkeit eines Inlandsaufenthalts seien darin nicht vorgesehen. Vielmehr stehe es im Ermessen der Gesetzgeber in den Mitgliedstaaten, von Optionsklauseln der Entsenderichtlinie Gebrauch zu machen. Das habe der deutsche Gesetzgeber nicht getan. Alle Kontrollbefugnisse des Mindestlohngesetzes fänden sich in dem nicht abschließenden Katalog des Art. 9 DurchsetzungsRL. Insofern seien für die einzelnen Maßnahmen keine Verhältnismäßigkeitsprüfungen am Maßstab des Unionsrechts erforderlich, denn sie entsprächen dem Unionsrecht. Auch stehe die Entsenderichtlinie ausweislich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ohne weiteres im Einklang mit den Grundfreiheiten. Bei Kabotagefahrten lasse sich Erwägungsgrund 17 der VO (EG) Nr. 1072/2009 ausdrücklich entnehmen, dass die Entsenderichtlinie gelte. Die von der Klägerin genannten Urteile des Amtsgerichts Weißenburg, des OGH Wien und des Gerichts s´Hertogenbosch führten nicht weiter.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten nimmt der Senat auf den Inhalt der Gerichtsakten zu diesem und dem Verfahren 1 V 1175/17 sowie der Verwaltungsakte des Beklagten (ein Heft) Bezug, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Gründe:

Die Klage hat weder mit den Hauptanträgen, noch dem Hilfsantrag Erfolg.

I. Die Klage hat mit den Hauptanträgen keinen Erfolg. Soweit die Anträge überhaupt zulässig sind, sind sie unbegründet.

1. Während der Hauptantrag zu 1. zulässig ist, ist der Hauptantrag zu 2. unzulässig.

a) Der auf die Aufhebung der Prüfungsverfügung vom 26. März 2018 gerichtete Hauptantrag ist zulässig. Die genannte Prüfungsverfügung ist nach § 68 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens geworden, denn sie hat die ursprünglich angefochtene zweigliedrige Verfügung vom 23. September 2016, die aus dem Vordruck „Prüfungsverfügung“ und der diese konkretisierenden Anforderung im Einzelnen näher bezeichneter Unterlagen bestand und vom Beklagten ausdrücklich aufgehoben worden ist, ersetzt. Die zunächst dagegen gerichtete Anfechtungsklage war auch sonst zulässig. Daran hat sich durch die Ersetzung der ursprünglichen Prüfungsverfügung nichts geändert, denn die geänderte Prüfungsverfügung lässt die für die Klägerin bestehende Beschwer nicht entfallen.

b) Unzulässig ist hingegen der zweite Hauptantrag, die Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Prüfungsverfügung vom 23. September 2016 festzustellen, denn insoweit fehlt es der Klägerin an dem dafür erforderlichen Fortsetzungsfeststellungsinteresse.

Hat sich die ursprüngliche Anfechtungsklage mit Aufhebung der Verfügung und Ersetzung durch die Prüfungsverfügung vom 26. März 2018 im Sinne von § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO erledigt, fehlt der Klägerin nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Prüfungsverfügung (BFH, Urteile vom 1. Oktober 1992 – V R 81/89 -, BStBl II 1993, 120; vom 10. Februar 2010 – XI R 3/09 – BFH/NV 2010, 1450; vom 9. Mai 2012 – I R 91/10 -, BFH/NV 2012, 2004). Tragend hierfür ist, dass der Änderungsbescheid nach § 68 FGO zum Gegenstand des Anfechtungsverfahrens nach § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO geworden und im Falle der Erledigung dieses Bescheids kein Grund dafür ersichtlich ist, den Umfang der gerichtlichen Entscheidung auf bereits zuvor durch den Änderungsbescheid suspendierte Verwaltungsakte auszudehnen.

Selbst wenn man dies in Teilen anders beurteilt (etwa Gräber/Stapperfend, FGO, 8. A., § 100 Rn. 84 a. E.), fehlte es der Klägerin aber an dem in jedem Fall erforderlichen besonderen Feststellungsinteresse, denn weder kommt die erstrebte Feststellung zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses in Betracht, noch bestehen Rehabilitierungsinteresse oder Wiederholungsgefahr. Letzteres scheidet insbesondere deshalb aus, weil der Beklagte die ursprüngliche Verfügung selbst im Hinblick auf den gerichtlichen Aussetzungsbeschluss nach § 130 Abs. 1 AO, also ersichtlich wegen Rechtswidrigkeit, aufgehoben, mithin zu erkennen gegeben hat, eine solche Verfügung bei gleichbleibender Sachlage nicht erneut erlassen zu wollen. Das weitere Argument der Klägerin, sie könne nur bei einer Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ursprungsverfügung Rechtssicherheit bezüglich der Zulässigkeit der zunächst beabsichtigten Prüfung erreichen, geht bei dieser Ausgangslage ins Leere.

Dass der Beklagte möglicherweise eine erneute weiterreichende Verfügung erlassen würde, wenn sich im Ergebnis der nun auf der Grundlage der Verfügung vom 26. März 2018 beabsichtigten Prüfung herausstellen würde, dass die beiden Mitarbeiter der Klägerin nicht nur – wie gegenüber der Generalzolldirektion (bzw. der damaligen Bundesfinanzdirektion West) wohl angegeben – im Transit gefahren waren, ist ohne Bedeutung, denn dabei handelt es sich um einen neuen Sachverhalt, der sodann gegebenenfalls neu zu prüfen wäre.

Der Verweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2015 (1 BvR 555/15, NJW 2015, 2242) führt im hier zu beurteilenden Einzelfall gleichfalls nicht auf ein berechtigtes Interesse.

2. Der Hauptantrag zu 1. ist unbegründet.

Die Prüfungsverfügung vom 26. März 2018 ist nicht aufzuheben, denn sie ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Rechtsgrundlage der Verfügung ist § 15 Satz 1 MiLoG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 5 Schwarz-ArbG. Danach prüfen die Behörden der Zollverwaltung, ob Arbeitsbedingungen unter anderem nach Maßgabe des Mindestlohngesetzes und des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes eingehalten werden oder wurden. Die Anordnung einer solchen Prüfung, für die weitere gesetzliche Voraussetzungen nicht bestehen, steht im Ermessen der Finanzbehörde. Sie ist in aller Regel ermessensgerecht, wenn sie dem Gesetzeszweck, d. h. der Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften des Mindestlohngesetzes dient, es sei denn, es lägen Anhaltspunkte für ein unverhältnismäßiges, sachwidriges oder willkürliches Verhalten der Finanzbehörde vor (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juli 2018 – 11 K 2644/16 -, juris, m. w. N.). Davon ausgehend, bestehen keine Bedenken gegen die formelle und materielle Rechtmäßigkeit der Prüfungsverfügung vom 26. März 2018.

a) Die Prüfungsverfügung ist formell rechtmäßig.

aa) Die Prüfungsverfügung ist nicht etwa deshalb aufzuheben, weil der Beklagte für deren Erlass örtlich unzuständig gewesen wäre. Die Prüfung, ob ein Arbeitgeber die Pflichten nach § 20 MiLoG einhält, haben nach § 14 MiLoG die Behörden der Zollverwaltung durchzuführen. Damit sind die Hauptzollämter instanziell für die Durchführung der Prüfungen zuständig, denn sie sind nach § 12 Abs. 2 Finanzverwaltungsgesetz (FVG) als örtliche Bundesbehörden unter anderem für die Bekämpfung der Schwarzarbeit und die ihnen sonst übertragenen Aufgaben zuständig, während die übergeordnete Generalzolldirektion nach § 5a Abs. 1 Satz 2 FVG auf die Dienst- und Fachaufsicht über die Hauptzollämter beschränkt ist.

Die örtliche Zuständigkeit kann die Generalzolldirektion nach § 12 Abs. 1 FVG durch Organisationsakt regeln. Insofern durfte sie dem Beklagten auch durch Organisationserlass die örtliche Zuständigkeit für die Prüfung der im Rahmen einer risikoorientierten Auswertung von gemeldeten Einsatzplanungen ausgewählten, in Polen ansässigen Transportunternehmen übertragen. Das ist auch mit Blick auf den Regelungsvorbehalt in § 12 Abs. 3 FVG unbedenklich, denn dieser greift nur dann ein, wenn Zuständigkeiten zwischen den Hauptzollämtern verschoben werden sollen. Das ist bei der hier in Rede stehenden Form der Geschäftsunterlagenprüfung jedoch nicht der Fall, denn ein Anlass zur Prüfung im Sinne von § 24 AO trat im Bundesgebiet noch nicht hervor, einmal abgesehen davon, dass der Anlass regelmäßig zunächst im Bezirk des Beklagten hervortreten würde, weil eine Einreise von Polen in das Bundesgebiet gewöhnlich durch seinen Zuständigkeitsbereich erfolgen wird.

Dass § 195 Satz 1 AO für den Bereich der steuerlichen Außenprüfung eine besondere Zuständigkeitsregelung enthält, ist unbeachtlich, denn die Mindestlohnprüfung richtet sich nicht nach den Vorschriften über die Außenprüfung (vgl. BFH, Urteil vom 23. Oktober 2012 – VII R 41/10 -, BFH/NV 2013, 282 zu § 2 Abs. 1 SchwarzArbG, der auch hier anzuwenden ist).

bb) Die Prüfungsverfügung vom 26. März 2018 ist nicht wegen eines Begründungsmangels aufzuheben. Die Klägerin missversteht den Wortlaut der Verfügung, wenn sie meint, der Beklagte gehe von einer Höhe des Mindestlohns von 8,84 EUR im Jahr 2016 aus. Vielmehr hat der Beklagte nur darauf verwiesen, dass der Mindestlohn „derzeit“, also bei Erlass des Bescheides am 26. März 2018, in dieser Höhe geschuldet wird.

cc) Auch das Fehlen einer Belehrung nach § 15 Satz 1 MiLoG i.V.m. § 22 SchwarzArbG, § 103 AO lässt die Prüfungsverfügung nicht formell rechtswidrig werden, denn die Belehrungspflicht besteht schon nach ihrem Wortlaut ausschließlich gegenüber Dritten, nicht aber gegenüber der Adressatin einer Prüfungsverfügung, die offenkundig Beteiligte der beabsichtigten Prüfung ist.

b) Die Klägerin unterliegt vorliegend der Prüfung nach dem Mindestlohngesetz, obwohl sie in Polen ansässig ist, denn das Mindestlohngesetz findet auf sie Anwendung.

§ 20 MiLoG ordnet an, dass Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland verpflichtet sind, ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des sich aus § 1 Abs. 2 MiLoG ergebenden gesetzlichen Mindestlohns zu zahlen. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin als Unternehmen des Speditions- und Transportgewerbes zudem die Pflicht, die für die Kontrolle der Einhaltung des Mindestlohns erforderlichen Unterlagen zu erstellen, aufzubewahren und auf Anforderung den Zollbehörden vorzulegen, §§ 15, 17 Abs. 1 und 2 MiLoG i. V. m. § 2a Abs. 1 Nr. 4 SchwarzArbG. Die Prüfungsverfügung betrifft die Einhaltung des Mindestlohngesetzes für zwei im Inland beschäftigte Arbeitnehmer.

aa) Die Behauptung, für die Fahrer B. und C. sei schon keine Berührung zum Bundesgebiet erkennbar, wisse der Beklagte doch noch nicht einmal, ob die beiden sich überhaupt im Prüfungszeitraum beruflich im Bundesgebiet aufgehalten hätten, da Änderungen der Einsatzplanung wegen § 3 Abs. 2 MiLoMeldV nicht meldepflichtig seien, lässt die beabsichtigte Prüfung nicht rechtswidrig werden. Die Klägerin selbst hat am ersten Tag des Prüfungszeitraums gegenüber der Generalzolldirektion gemeldet, die Fahrer seien im Prüfungszeitraum im Bundesgebiet im Transitverkehr unterwegs. Daran muss sie sich für die Prüfung festhalten lassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Einsatzplanung von Anfang an unrichtig gewesen wäre, ergeben sich weder aus der Meldung selbst noch dem Vorbringen der Klägerin im vorliegenden Verfahren, die keinen konkreten Sachverhalt schildert, sondern lediglich Hypothesen aufstellt.

bb) Die Fahrer B. und C. sind, wenn sie in der Bundesrepublik für die Klägerin tätig werden, im Inland beschäftigte Arbeitnehmer, obwohl sie in Polen ansässig sind und mit einem polnischen Unternehmen, der Klägerin, Arbeitsverträge geschlossen haben, auf die grundsätzlich polnisches Recht anwendbar ist (Art. 8 Rom-I-VO).

Die Auffassung der Klägerin, bereits der Wortlaut des § 20 MiLoG schließe die Anwendung des Mindestlohngesetzes in einem solchen Fall aus, denn eine Beschäftigung im Inland erfordere nach allgemeinem Verständnis das Bestehen eines Arbeitsvertrages nach deutschem Recht, was voraussetze, dass der Arbeitgeber mit Sitz im Ausland eine Niederlassung in der Bundesrepublik Deutschland unterhalte, überzeugt nicht. Abgesehen davon, dass eine Beschäftigung im Inland schon nach dem Wortlaut auch dann vorliegt, wenn ein ausländischer Arbeitgeber einen bei ihm im Ausland angestellten Arbeitnehmer eine Tätigkeit im Inland verrichten lässt, es sich mithin um eine Regelung des Arbeitsortes handelt (Schubert, in: Düwell/Schubert, MiLoG, 2. A., § 20 Rn. 1; Lakies, MiLoG, 3. A., § 20 Rn. 2; Sittard, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 7. A., § 20 MiloG Rn. 2; Franzen, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 18. A., § 20 MiLoG Rn. 1), würde die von der Klägerin vertretene Rechtsauffassung dazu führen, dass § 20 MiLoG, bei dem es sich nach weithin vertretener Auffassung um eine internationalprivat-rechtliche Eingriffsnorm handelt (Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, 2. A., § 20 Rn. 3 ff.; Schubert, in: Düwell/Schubert, MiLoG, 2. A., § 20 Rn. 2; Sittard, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 7. A., § 20 MiloG Rn. 2; Franzen, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 18. A., § 20 MiLoG Rn. 2; Lakies, MiLoG, 3. A., § 20 Rn. 2; anders Bayreuther, in: Thüsing, MiLoG, AEntG, 2. A., § 1 MiLoG Rn. 67, der § 20 MiLoG für überflüssig hält, weil diese Wirkung bereits aus § 2 Nr. 1 AEntG folge), weithin gegenstandslos wäre. Nimmt man nämlich an, dass die Anwendung des Mindestlohngesetzes stets einen Arbeitsvertrag deutschen Rechts voraussetzte, käme eine Anwendung auf wesentliche Entsendesachverhalte von vornherein nicht in Betracht. Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Funktion des Mindestlohns als Mindestentgeltsatz nach Maßgabe von § 2 Nr. 1 AEntG (vgl. BT-Drs. 18/1558, S. 42) würde dann nicht erreicht werden können. Für die Richtigkeit dieser Auslegung spricht zudem, dass der Wortlaut des § 20 MiLoG insoweit dem des § 2 AEntG entspricht, der gleichfalls an im Inland beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anknüpft. Für diese Auslegung spricht weiter, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 3 Abs. 1 EntsendeRL, die für den Straßenverkehrssektor trotz der Neuregelung durch die Richtlinie (EU) 2018/957 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen unverändert fortgilt, unabhängig von dem auf das jeweilige Arbeitsverhältnis anwendbaren Recht dem entsandten Arbeitnehmer bestimmte Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften bzw. durch allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge garantieren sollen.

Ebenso wenig überzeugt die Auffassung der Klägerin, der im Mindestlohngesetz verwendete Begriff der Beschäftigung sei nach den in § 7 Abs. 1 SGB IV enthaltenen sozialversicherungsrechtlichen Kriterien zu bestimmen. Das führe dazu, dass ein bei einem ausländischen Transportunternehmen im Ausland angestellter Fahrer als im Ausland, nicht aber als im Inland beschäftigt anzusehen sei. Zum einen dient die Definition des § 7 Abs. 1 SGB IV der Abgrenzung von sozialversicherungsfreien zu sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeiten und weist keinen Bezug zu Regelungen eines Arbeitsverhältnisses auf. Zum anderen würde auch diese Auslegung wiederum dazu führen, dass das Mindestlohngesetz und das insoweit die gleichlautende Formulierung verwendende Arbeitnehmer-Entsendegesetz generell nicht für wesentliche Entsendesachverhalte gelten würden, mithin nicht für Bereiche, zu deren Regelung sie ausdrücklich geschaffen worden sind.

cc) Die Prüfungsverfügung ist zudem nicht deshalb rechtswidrig, weil die Regelungen des Mindestlohngesetzes im zivilrechtlichen Verhältnis zwischen der Klägerin und den beiden bei ihr beschäftigten Fahrern keine Anwendung entfalten würden. Vielmehr findet das Mindestlohngesetz nach kollisionsrechtlichen Maßstäben grundsätzlich auch auf die beiden Arbeitsverhältnisse Anwendung, wenn eine Beschäftigung in der Bundesrepublik vorliegt (so auch FG Baden-Württemberg, Urteile vom 17. Juli 2018 – 11 K 544/16 und 11 K 2644/16-, juris), denn insoweit besteht eine hinreichende Verbindung zum Recht verschiedener Staaten (Art. 1 Abs. 1 Rom-I-VO). Dafür bedarf es keiner besonderen Umstände. Vielmehr genügt es, dass aufgrund des zu beurteilenden Sachverhalts überhaupt in Frage steht, welche Rechtsordnung anzuwenden ist (Martiny, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. A., Art. 1 Rom-I-VO Rn. 23). So liegt es hier, wenn die beiden in Polen angestellten Fernfahrer ihre Arbeitsleistung (teilweise) in der Bundesrepublik erbringen sollen.

Der Mindestlohnanspruch ist kollisionsrechtlich als Eingriffsnorm im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Rom-I-VO ausgestaltet (statt vieler Forst, ZESAR 2015, 205). Eine Eingriffsnorm ist eine zwingende Vorschrift, deren Einhaltung von einem Staat als so entscheidend für die Wahrung seines öffentlichen Interesses, insbesondere seiner politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Organisation, angesehen wird, dass sie ungeachtet des nach Maßgabe der Rom-I-Verordnung auf den Vertrag anzuwendenden Rechts auf alle Sachverhalte anzuwenden ist, die in ihren Anwendungsbereich fallen (Martiny, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. A., Art. 9 Rom-I-VO Rn. 4 unter Verweis auf EuGH, Urteil vom 23. November 1999 – C-369/96, C 378/96 „Arblade u.a.“, Slg. 1999, I-8453). Bereits der Wortlaut des § 20 MiLoG, der alle in- und ausländischen Arbeitgeber zur Einhaltung des Mindestlohns verpflichtet, zeigt, dass die Vorschrift auch gegenüber ausländischem Statut unterliegendem Vertragsrecht durchgesetzt werden soll (Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, 2. A., § 20 Rn. 4 f.). Dafür spricht auch Erwägungsgrund 34 der Rom-I-VO, der erkennen lässt, dass im Einklang mit der EntsendeRL stehende Eingriffsnormen des Staates, in dem Arbeitnehmer ihre Arbeit grenzüberschreitend verrichten, durch Art. 8 Rom-I-VO unberührt bleiben sollen.

Anderes ergibt sich mit Blick auf den konkreten Streitgegenstand nicht aus dem von der Klägerin herangezogenen Urteil des österreichischen Obersten Gerichtshofs (vom 29. November 2016 – 9 ObA 53/16h -, NZA-RR 2017, 180). Zwar hat der Oberste Gerichtshof erkannt, dass in dem von ihm zu entscheidenden Einzelfall auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 3 Rom-I-VO den deutschen Mindestlohnvorschriften in Österreich keine Wirkung zu verleihen sei, weil eine Abwägung der sich für den Arbeitnehmer aus deren Anwendung ergebenden Folgen mit denjenigen, die sich daraus für den Arbeitgeber ergäben, unter Beachtung der mit dem Gesetz verfolgten Zwecke zugunsten des Arbeitgebers ausfalle. Das hat jedoch zum einen für die innerstaatliche Anwendbarkeit des zwingenden Rechts – also des § 20 MiLoG – wegen Art. 9 Abs. 2 Rom-I-VO keine Bedeutung, denn diese Vorschrift ist vom Senat anzuwenden.

Zum anderen geht es vorliegend um die Wahrnehmung einer durch das Gesetz eingeräumten öffentlich-rechtlichen Befugnis zur Prüfung, die nicht von der zivilrechtlichen Frage abhängt, welches Vertragsstatut in welcher Weise gilt, zumal die hier beabsichtigte Prüfung ohnehin allein darauf abzielt zu klären, ob die Klägerin im Hinblick auf die beiden Fahrer im Prüfungszeitraum überhaupt in den Bereich öffentlich-rechtlich begründeter Pflichten im Zusammenhang mit dem Mindestlohn gekommen ist.

c) Die angefochtene Prüfungsverfügung ist auch nicht etwa deshalb aufzuheben, weil die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns auch im Speditions- und Transportsektor nicht im Einklang mit Europarecht stehen würde.

aa) Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns verstößt nicht gegen die Warenverkehrsfreiheit (Art. 34 ff AEUV). Die Freiheit des Warenverkehrs wird durch die gesetzliche Regelung des Mindestlohns und die damit verknüpften Nachweis- und Kontrollvorschriften auch durch deren Anwendung auf das Speditions- und Transportgewerbe nicht berührt.

Die Warenverkehrsfreiheit schützt das Recht, Waren zu erwerben, anzubieten, auszustellen oder feilzuhalten, zu besitzen, herzustellen, zu befördern, zu verkaufen, entgeltlich oder unentgeltlich abzugeben, einzuführen oder zu verwenden (EuGH, Urteil vom 27. Juni 1996 – C-293/94 – „Brandsma“, Slg. 1996, I-3159). Diese Freiheit wird durch die Einführung eines Mindestlohns, der auch für das Speditions- und Transportgewerbe gilt, nicht beeinträchtigt. Insbesondere handelt es sich dabei nicht um eine Maßnahme gleicher Wirkung. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 5. November 1995 – C-96/94 – „Centro Servizi Spediporto“, Slg. 1995, I-2883) ist anerkannt, dass Rechtsvorschriften, die allgemein die Kosten des Transports von Waren betreffen, ohne nach dem Ursprung der beförderten Waren zu unterscheiden und nicht den Warenhandel mit anderen Mitgliedstaaten regeln sollen, wie das auch vorliegend der Fall ist, die Warenverkehrsfreiheit nicht beeinträchtigen, denn die Auswirkungen, die sie auf den freien Warenverkehr haben könnten, sind zu ungewiss und zu mittelbar, als dass die in ihnen aufgestellte Verpflichtung als geeignet angesehen werden könnte, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu behindern. Die von der Klägerin aufgestellte Behauptung, das Mindestlohngesetz werde dazu führen, dass sich die Transportkapazitäten für die Beförderung von Unionswaren verringerten, ist denn auch durch keinen weiteren Sachvortrag konkretisiert worden.

bb) Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns verstößt nicht gegen die auch im Verkehrssektor geltende (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Mai 1985 – Rs. 13/83 -, juris) Dienstleistungsfreiheit (Art. 56, 58 Abs. 1 i.V.m. Art. 91 AEUV). Zwar beeinträchtigt die zwingende Verpflichtung der grenzüberschreitende Dienstleistungen im Verkehrssektor erbringenden Klägerin, ihren in der Bundesrepublik Beschäftigten den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen, die Dienstleistungsfreiheit ebenso wie damit verbundene Dokumentations- und Bereithaltungspflichten, doch ist diese Beeinträchtigung gerechtfertigt.

Nach Art. 56 AEUV sind Beschränkungen des Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, verboten. Art. 56 AEUV verlangt nicht nur die Beseitigung jeder Diskriminierung des in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistenden aufgrund seiner Staatsangehörigkeit, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen – selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus anderen Mitgliedstaaten gelten -, sofern sie geeignet sind, die Tätigkeiten des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und dort rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (EuGH, Urteil vom 7. Oktober 2010 – C-515/08 – „Santos Palhota“, Slg. 2010, I-9133, m.w.N.). Dabei sind solche nationalen Regelungen eines Aufnahmemitgliedsstaates für Dienstleistende geeignet, Dienstleistungen von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Personen oder Unternehmen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen, sofern sie zusätzliche administrative und wirtschaftliche Kosten und Belastungen verursachen (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Oktober 2004 – C-60/03 – „Wolff & Müller“, Slg. 2004, I-9553). Davon ausgehend, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Tätigkeit eines Transportdienstleisters, wie vorliegend der Klägerin, durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns und der damit verbundenen Nebenpflichten beeinträchtigt wird. Denn mit der Einführung des Mindestlohns sind für die Klägerin, wie sie unwidersprochen dargestellt hat, wirtschaftliche Mehrbelastungen zum einen durch höhere Lohnzahlungsverpflichtungen gegenüber ihren angestellten Fahrern, zum anderen aber auch durch erhöhte Kosten wegen der damit in Zusammenhang stehenden, neu zu erfüllenden Dokumentationspflichten einschließlich der – hier inmitten stehenden – Prüfung verbunden.

Regelungen, die wie der gesetzliche Mindestlohn für alle im Aufnahmemitgliedstaat tätigen Personen oder Unternehmen gelten, können jedoch gerechtfertigt sein, wenn sie auf zwingenden Gründen des Allgemeininteresses beruhen, soweit dieses Interesse nicht bereits durch Vorschriften geschützt wird, denen der Dienstleistende in dem Mitgliedstaat unterliegt, in dem er ansässig ist, und sofern sie geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, ohne über das hinauszugehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2002 – C-164/99 – „Portugaia Construcoes“. Slg. 2002, I-787 m.w.N.).

Zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gehört der Schutz der Arbeitnehmer (vgl. EuGH, Urteile vom 15. März 2001 – C-165/98 – „Mazzoleni und ISA“, Slg. 2001, I-2189; vom 24. Januar 2002 – C-164/99 – „Portugaia Construcoes“, Slg. 2002, I-787). Das umfasst es insbesondere, einem Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat, das Dienstleistungen im erstgenannten Mitgliedstaat erbringt, die Verpflichtung aufzuerlegen, seinen Arbeitnehmern die durch die nationalen Vorschriften dieses Staates festgelegten Mindestlöhne zu zahlen (EuGH, Urteile vom 3. Februar 1982 – C-62/81 und 63/81, „Seco und Desquenne & Giral“, Slg. 1982, 223, vom 15. März 2001 – C-165/98 – „Mazzoleni und ISA“, Slg. 2001, I-2189; vom 24. Januar 2002 – C-164/99 – „Portugaia Construcoes“, Slg. 2002, I-787).

Dementsprechend hat diese Verpflichtung auch Eingang in das sekundäre Gemeinschaftsrecht gefunden, soweit es Fälle der Arbeitnehmerentsendung betrifft, zielt doch die Entsenderichtlinie mit der Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Garantie von Mindestarbeitsbedingungen einschließlich der Mindestlohnsätze nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 3. April 2008 – C-346/06 – „Rüffert“, Slg. 2008, I-1989) gerade darauf ab, den freien Dienstleistungsverkehr zu verwirklichen. Insofern entspricht die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns, soweit es Entsendesachverhalte betrifft, auch den Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 c) EntsendeRL, die im Übrigen keine Mindestverweildauer im Tätigkeitsland kennt. Dass das auch auf Unternehmen des internationalen Güterfernverkehrs anwendbar ist, lässt sich unschwer dem Erwägungsgrund 17 der VO (EG) Nr. 1072/2009 entnehmen, der die Anwendbarkeit der Entsenderichtlinie für Kabotagefahrten betont und belegt, dass die Einhaltung von Mindestarbeitsbedingungen eine der Voraussetzungen für die durch die VO (EG) Nr. 1072/2009 mitbewirkte Liberalisierung des gewerblichen Güterkraftverkehrs war.

Verfolgt § 20 MiLoG demnach ein zwingendes Allgemeininteresse, indem er dem Ziel dient, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor unangemessen niedrigen Löhnen zu schützen, zum anderen aber auch, den Wettbewerb zwischen den Unternehmen nicht zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch die Vereinbarung immer niedrigerer Löhne, sondern um die besseren Produkte und Dienstleistungen stattfinden zu lassen und einen Lohnunterbietungswettbewerb auch zulasten der sozialen Sicherungssysteme auszuschließen, was die finanzielle Stabilität derselben schützt (ausdrücklich BT-Drs. 18/1558 S. 2, 28), erweist sich die Vorschrift als geeignet, die Verwirklichung der damit verfolgten Zieles zu gewährleisten, ohne über das hinauszugehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist.

Dass der Mindestlohn zur Erreichung der von ihm verfolgten Zwecke des Allgemeininteresses auch insoweit geeignet und erforderlich ist, folgt zunächst daraus, dass er dem Arbeitnehmer des im Ausland ansässigen Arbeitgebers, hier der Klägerin, auch bei kurzzeitigen Tätigkeiten bei objektiver Betrachtung einen tatsächlichen Vorteil verschafft. Mit Rücksicht darauf, dass damit auch eine Benachteiligung konkurrierender Unternehmen vermieden werden kann, die ihren Arbeitnehmern ein angemessenes Entgelt zahlen (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Dezember 2007 – C-341/05 – „Laval“, Slg. 2007, I-11767), kommt es auch nicht entscheidend darauf an, dass die Beschäftigten der Klägerin regelmäßig nicht von inländischen Sozialversicherungsleistungen profitieren, weil sie selbst im Inland keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausüben. Vielmehr kann durch den Mindestlohn auch erreicht werden, dass Einnahmeausfälle für die deutschen Sozialversicherungssysteme durch gegebenenfalls nur kurzzeitige Tätigkeiten im Inland reduziert werden, weil auf diese Weise verhindert wird, dass die Beschäftigung inländischer Arbeitnehmer infolge der unterhalb der Mindestlöhne liegenden Bezahlung ausländischer Beschäftigter unter Druck gerät (Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, 2. A., § 20 Rn. 22). Ein gleich geeignetes Mittel, dieses Ziel zu erreichen, ist nicht erkennbar.

Soweit ausnahmsweise die Anwendung des Mindestlohngesetzes für den im Ausland ansässigen Arbeitgeber, hier die Klägerin, mit hohen zusätzlichen Verwaltungsaufwendungen verbunden sein kann, weil sie das Arbeitsentgelt für jeden Arbeitnehmer stundenweise danach zu berechnen hat, ob dieser während seiner Arbeit die Grenze zu einem anderen Mitgliedstaat überschreitet, erweist sich der Mehraufwand nur dann als unverhältnismäßig, wenn das Schutzniveau in den beteiligten Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Steuer- und Soziallasten insgesamt vergleichbar ist (vgl. EuGH, Urteil vom 15. März 2001 – C-165/98 – „Mazzoleni und ISA“, Slg. 2001, I-2189). Vor diesem Hintergrund bietet der vorliegende Sachverhalt keinen Anlass, eine Einschränkung des Mindestlohnanspruchs anzunehmen, besteht doch zwischen Deutschland und Polen noch immer ein beachtliches (Lohn-)Gefälle, wie etwa die Statistiken der EU zeigen (vgl. https://ec.europa.eu/eurostat/web/labour-market/labour-costs/main-tables). Dass die Fernfahrer der Klägerin im Hinblick auf in Polen teils gesetzlich vorgeschriebene, steuerfrei gewährte Zuschläge bei Auslandsfahrten „Auslöse“) zusätzliche Beträge erhalten, steht dem nicht entgegen, denn diese dienen ganz oder teilweise der Deckung mit dem Auslandsaufenthalt verbundener Mehraufwendungen und sind daher allenfalls teilweise als Arbeitslohn anzusehen (vgl. Art. 3 Abs. 7 Satz 2 EntsendeRL), einmal abgesehen davon, dass sich dem Vorbringen der Klägerin auch nicht entnehmen lässt, wie die beiden von der Prüfung betroffenen Fahrer vergütet werden.

Nicht anders liegt es, soweit die Klägerin der Prüfung unterliegt, ob sie den Mindestlohn gezahlt hat. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 7. Oktober 2010 – C-515/08 – „Santos Palhota“, Slg. 2010, I-9133, m.w.N.) sind die Mitgliedstaaten grundsätzlich auch befugt zu kontrollieren, ob die Bestimmungen des nationalen Rechts und des Unionsrechts auf dem Gebiet der Erbringung von Dienstleistungen eingehalten worden sind, soweit dies erforderlich ist, um die Beachtung von Anforderungen zu überprüfen, die selbst durch Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind. Dies hat seinen Ausdruck in Art. 10 DurchsetzungsRL gefunden, die für Entsendesachverhalte geeignete Prüfungen verlangt, die an den in Art. 9 Abs. 1 DurchsetzungsRL geregelten Nachweiserfordernissen anknüpft. Anhaltspunkte dafür, dass die Mindestlohnprüfung allgemein oder auch nur im vorliegenden Einzelfall unverhältnismäßig sein könnte, sind nicht erkennbar.

Aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 18. September 2014 (- C-549/13 – „Bundesdruckerei“, NJW 2014, 3769) ergibt sich nichts anderes. Soweit dort eine vergaberechtliche Mindestentgeltvorschrift als nicht europarechtskonform angesehen worden ist, betraf das einen Fall vollständig fehlenden Inlandsbezugs, denn die in der genannten Streitsache zu zahlenden (höheren) Mindestentgelte sollten auch dann zu zahlen sein, wenn die Arbeit ausschließlich im Ausland geleistet wurde (so auch Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, 2. A., § 20 Rn. 21). Damit ist die vorliegende Fallkonstellation nicht vergleichbar.

d) Ob die allgemein mit dem Mindestlohngesetz verfolgten Zwecke eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs auf nicht nur kurzfristige Inlandstätigkeiten fordern, bedarf hier keiner Entscheidung. Der erkennende Senat hält die eingehend begründete Auffassung des Finanzgerichts Baden-Württemberg dazu (Urteile vom 17. Juli 2018 – 11 K 544/16 und 11 K 2644/16 -, juris) für überzeugend, muss dieser Frage aber nicht selbst nachgehen, denn darauf kommt es hier nicht an. Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist eine Prüfungsverfügung, deren Zweck es ist, im Hinblick auf widersprüchliche Erklärungen der Klägerin zunächst festzustellen, ob überhaupt ein Anknüpfungspunkt für die Geltung des Mindestlohngesetzes bezüglich der Fahrer B. und C. gegeben ist. Das lässt keinen Raum für gleichsam abstrakte Erwägungen zu der Frage, ob Einschränkungen hinsichtlich des zeitlichen Anwendungsbereichs der Vorschriften etwa im Sinne einer Mindestbeschäftigungsdauer im Inland geboten sein könnten.

e) Die Prüfungsverfügung ist auch nicht deshalb aufzuheben, weil das Mindestlohngesetz nicht im Einklang mit dem Grundgesetz stehen würde. Abgesehen davon, dass der Senat wegen Art. 100 Abs. 1 GG zu einer solchen Entscheidung nicht befugt ist, sieht er auch keine Veranlassung, den Rechtsstreit auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Die streitentscheidenden Normen des Mindestlohngesetzes stehen zur Überzeugung des Senats im Einklang mit Verfassungsrecht.

aa) Das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) wird durch den gesetzlichen Mindestlohn und die damit verbundenen Prüfungsbefugnisse des Beklagten nicht verletzt.

Das Deutschengrundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG, auf den sich wohl auch ausländische juristische Personen des Privatrechts berufen können, wenn sie in der EU ansässig sind (so BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2011 – 1 BvR 1916/09 -, BVerfGE 129, 78, zu Art. 14 Abs. 1 GG), schützt die Freiheit der Berufsausübung als Grundlage der persönlichen und wirtschaftlichen Lebensführung. Das Grundrecht umschließt auch die Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen verbindlich auszuhandeln. Vergütungsregeln und hierauf gründende Entscheidungen, die auf die Einnahmen, welche durch eine berufliche Tätigkeit erzielt werden können, und damit auch auf die Existenzerhaltung von nicht unerheblichem Einfluss sind, beschränken die Freiheit der Berufsausübung. Der Gesetzgeber darf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen einzelvertraglich zu vereinbaren, jedoch durch zwingendes Gesetzesrecht begrenzen, um sozialen oder wirtschaftlichen Ungleichgewichten entgegenzuwirken (BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2013 – 1 BvR 1842/11 -, BVerfGE 134, 204). Wie auch bei sonstigen privatrechtlichen Regelungen, die der freien Vertragsgestaltung Grenzen setzen, geht es bei privatrechtlichen Preisregelungen um den Ausgleich widerstreitender Interessen. Insoweit handelt es sich nicht um einseitige Eingriffe des Staates in die Freiheitsausübung Privater, sondern um einen Ausgleich, bei dem die Freiheit der einen mit der Freiheit der anderen in Einklang zu bringen ist.

Vorliegend sind neben der grundrechtsgeschützten Preisgestaltungsfreiheit der Klägerin auch die Grundrechtspositionen ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ebenso wie der mittelbar betroffenen Marktwettbewerber und deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Dem steht nicht entgegen, dass sich die polnischen Beschäftigten der Klägerin nicht auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen können, da es als Deutschengrundrecht auf sie nicht anwendbar ist (Wieland, in: Dreier, GG, 3. A., Art. 12 Rn. 58 m.w.N.; Mann, in: Sachs, GG, 7. A., Art. 12 Rn. 34 f.). Ihnen gewährleistet Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 18 AEUV insoweit den gleichen Schutz der Freiheit von Beruf und Arbeit, wie er für Deutsche durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet wird.

Stehen sich demnach kollidierende Grundrechtspositionen gegenüber, sind diese in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und – unter Berücksichtigung des sozialstaatlichen Auftrags – nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz so in Ausgleich zu bringen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden. Entsprechend kann die hierbei vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung und Abwägung nicht allein aus der Perspektive eines einzelnen Grundrechts vorgenommen werden, sondern hat sich auf den Ausgleich zwischen gleichberechtigten Grundrechtsträgern zu beziehen (BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2013 – 1 BvR 1842/11 -, BVerfGE 134, 204)

Für die Herstellung eines solchen Ausgleichs verfügt der Gesetzgeber über einen weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 27. Januar 1998 – 1 BvL 15/87 -, BVerfGE 97, 169, 176; vom 19. Juli 2011 – 1 BvR 1916/09 -, BVerfGE 129, 78, 101). Die Einschätzung der für die Konfliktlage maßgeblichen ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen liegt in seiner politischen Verantwortung, ebenso die Vorausschau auf die künftige Entwicklung und die Wirkungen seiner Regelung. Dasselbe gilt für die Bewertung der Interessenlage, das heißt die Gewichtung der einander entgegenstehenden Belange und die Bestimmung ihrer Schutzbedürftigkeit (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7. Februar 1990 – 1 BvR 26/84 -, BVerfGE 81, 242, 255; vom 27. Januar 1998 – 1 BvL 15/87 -, BVerfGE 97, 169, 176 f.). Der Gesetzgeber ist nicht daran gehindert, jenseits allgemein-zivilrechtlicher Generalklauseln spezielle Schutzmechanismen einzuführen, auch wenn er hierzu nicht aufgrund des Eingreifens grundrechtlicher Schutzpflichten angehalten sein mag. Insbesondere kann er durch spezielle Schutzvorschriften zugunsten des typischerweise unterlegenen Vertragsteils einen stärkeren Schutz vorsehen, als ihn die Gerichte durch Anwendung der bestehenden Generalklauseln im konkreten Fall gewähren könnten. Eine Grundrechtsverletzung kann in einer solchen Lage nur festgestellt werden, wenn eine Grundrechtsposition den Interessen des anderen Vertragspartners in einer Weise untergeordnet wird, dass in Anbetracht der Bedeutung und Tragweite des betroffenen Grundrechts von einem angemessenen Ausgleich nicht mehr gesprochen werden kann (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 27. Januar 1998 – 1 BvL 15/87 -, BVerfGE 97, 169, 176 f.; vom 23. Oktober 2013 – 1 BvR 1842/11 -, BVerfGE 134, 204).

Dies zugrunde gelegt, ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Fehlgewichtung der widerstreitenden Belange von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Die Argumentation der Klägerin übersieht schon, dass auch ihre Angestellten eine nicht nachrangig grundrechtlich geschützte Position innehaben – allerdings nach den vorstehenden Ausführungen nicht aus Art. 12 Abs. 1 GG -, die mit der ihrigen zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden muss. Das gilt umso mehr, als die Position der Arbeitnehmer insbesondere in Beschäftigungsverhältnissen, an die sich der Mindestlohn adressiert, typischerweise strukturell weitaus schwächer als diejenige des Arbeitgebers ist, was auf einen Interessenausgleich gerichtete Eingriffe zugunsten der Arbeitnehmer rechtfertigt. Insofern weist der Beklagte mit Recht darauf hin, dass der Mindestlohn darauf gerichtet ist, ein unterstes Maß an Austauschgerechtigkeit zu gewährleisten und Arbeitsbedingungen zu unterbinden, die elementaren Gerechtigkeitsanforderungen widersprechen (so auch Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, 2. A., Einleitung Rn. 160; Schubert, in: Düwell/Schubert, MiLoG, 2. A., Einleitung Rn. 46).

Auch die Ansicht, es sei nicht erforderlich, den Mindestlohn auf die Beschäftigten der Klägerin zu erstrecken, die eine ausreichende Vergütung entsprechend eines ausländischen Vergütungssystems erhielten, überzeugt nicht. Abgesehen davon, dass die Klägerin keine konkreten Angaben zu ihrem Vergütungssystem für ihre Beschäftigten gemacht hat, sondern sich auf die in Polen gesetzlich zu zahlenden Zuschläge konzentriert hat, darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Mindestlohn neben einer Mindestvergütung der im Inland beschäftigten Arbeitnehmer auch der Klägerin zudem einem fairen Wettbewerb dient, der von den Unternehmen nicht über Dumpinglöhne geführt werden soll. Vor diesem Hintergrund erscheint die Erstreckung auch auf die ausländischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Klägerin, soweit sie im Inland tätig sind, erforderlich, um zu verhindern, dass auf diese Weise Druck auf die Arbeitsbedingungen der inländischen Beschäftigten ausgeübt wird und so die vom Gesetzgeber verfolgten Ziele etwa auch der Stabilisierung der Sozialversicherungssysteme unterlaufen werden könnten. Insofern ist ein milderes Mittel zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele nicht erkennbar. Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ins Gespräch gebrachte Konkretisierung des § 138 BGB durch Einführung einer gesetzlichen Mindestfrachtrate erscheint dem Senat jedenfalls nicht gleich geeignet zu sein, um das Ziel zu erreichen, Arbeitsbedingungen zu unterbinden, die elementaren Gerechtigkeitsanforderungen widersprechen. Denn eine solche Regelung ließe offen, welchen Anteil die Arbeitskosten an der gesetzlichen Mindestfrachtrate hätten, die mithin verstärktem Margendruck ausgesetzt sein könnten, was wiederum dem gesetzlichen Ziel zuwider liefe.

Da die Klägerin zudem nicht allein von der Pflicht zur Zahlung des Mindestlohns im Inland betroffen ist, sondern diese alle in der Bundesrepublik tätigen ausländischen Unternehmen und mithin auch ihre in- und ausländischen Konkurrenten in gleicher Weise trifft, wirkt sich die Pflicht auch nicht einseitig negativ auf sie aus. Insofern ist auch nicht erkennbar, dass der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck außerhalb jeden Verhältnisses zu dem eingesetzten Mittel stehen würde.

Auch die mit der Geltung des Mindestlohns verbundenen Nachweisobliegenheiten, Aufbewahrungs- und Vorlagepflichten sowie Kontrollbefugnisse erweisen sich im Hinblick auf die damit verfolgten gesetzgeberischen Ziele als verhältnismäßige Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit. Dabei kann nicht übersehen werden, dass sich die durch das Mindestlohngesetz begründete zusätzliche Aufzeichnungspflicht wegen § 1 Abs. 1 MiLo-AufzV darauf beschränkt, die tägliche Arbeitszeit aufzuzeichnen, wobei die Form der Aufzeichnungen im Einzelnen nicht vorgegeben ist. Im Hinblick auf die große Bedeutung dieser Aufzeichnungen für die Kontrolle der Einhaltung des Mindestlohns (Ramming, in: Düwell/Schubert, MiLoG, 2. A., § 17 Rn. 9) und die eher geringe damit verbundene Mehrbelastung der Unternehmen ist diese Pflicht geeignet, erforderlich und angemessen, um die Einhaltung des Mindestlohns prüfen und durchsetzen zu können. Auch dass die Klägerin verpflichtet ist, diese Aufzeichnungen für den Fall einer Prüfung bereitzuhalten, bewirkt keine unverhältnismäßige Einschränkung der Berufsfreiheit, denn damit sind keine wesentlichen Belastungen verbunden, genügt es doch wegen § 2 Abs. 3 Satz 3 MiLo-MeldV, wenn die Klägerin die Unterlagen an ihrem Geschäftssitz verwahrt.

Soweit die Vorlage von Unterlagen in deutscher Sprache im Einzelfall auf Anforderung der Zollverwaltung im Rahmen einer Prüfung erforderlich wird – was im vorliegenden Verfahren aber (noch) nicht der Fall ist – ist dies im Hinblick auf das damit verfolgte Ziel, die Einhaltung des Mindestlohns durchsetzen zu können, nicht unverhältnismäßig. Insbesondere steht dem Gesetzgeber ein milderes Mittel nicht zur Verfügung. Die Ansicht der Klägerin, das Ziel könne in gleich geeigneter Weise durch die Beschäftigung entsprechend sprachkundiger Mitarbeiter oder eine vertiefte Kooperation mit ausländischen Dienststellen erreicht werden, überzeugt nicht.

Die von der Klägerin präferierten Wege sind schon nicht gleich geeignet, gibt es doch einerseits eine kaum überschaubare Vielzahl von prüfungsrelevanten Fremdsprachen und müssen Prüfungen andererseits auch innerhalb eines überschaubaren Zeitraums durch die örtlich zuständigen Zollbehörden durchgeführt werden können. Die Beschäftigung sprachkundiger Mitarbeiter liefe auf die Bildung nach sprachlichen Kriterien zusammengesetzter spezieller Prüfgruppen hinaus, die im Einzelfall von den örtlich zuständigen Hauptzollämtern eingeschaltet werden müssten, was eine zügige Erledigung der Prüfungen nicht erwarten lässt. Nicht anders liegt es bei einer vertieften Zusammenarbeit mit ausländischen Dienststellen. Abgesehen davon, dass eine solche mit Staaten außerhalb der EU kaum erreichbar erscheint, würde dies eine Prüfungstätigkeit vor Ort im Inland praktisch erheblich erschweren, wenn nicht gar ausschließen. Demgegenüber erweist sich die nur im Zusammenhang mit einer konkreten Prüfung bestehende Verpflichtung, entsprechend konkret angeforderte Unterlagen im Inland in deutscher Sprache vorzulegen, als eher geringfügig, da der Umfang der zu übersetzenden Unterlagen überschaubar ist. Die gerade für Unternehmen wie das der Klägerin durch § 2 Abs. 3 Satz 3 MiLoMeldV vorgesehene Vereinfachung zeigt im Übrigen, dass sich der Gesetzgeber bewusst war, dass die in § 17 Abs. 2 MiLoG begründete allgemeine Pflicht nicht in allen Branchen in gleicher Weise erfüllbar sein würde.

Auch die gesetzlich vorgesehene Befugnis der Zollbehörden zur Prüfung begründet als Annex zu den Leistungs-, Melde- und Dokumentationspflichten des Mindestlohngesetzes eine verhältnismäßige Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit, die letztlich Konsequenz des vom Gesetzgeber verfolgten öffentlich-rechtlichen Regelungskonzepts ist.

bb) Die hier inmitten stehenden Vorschriften des Mindestlohngesetzes – insbesondere § 20 MiLoG – greifen schon nicht in das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsrecht in der Ausprägung des Schutzes des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs ein. Ungeachtet der Frage, ob sich der grundrechtliche Schutz des Eigentums überhaupt auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb erstreckt (ablehnend etwa Wieland, in: Dreier, GG, 3. A., Art. 14 Rn. 61 ff.), schützt die Eigentumsgarantie nur Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen, nicht dagegen erst in der Zukunft liegende Umsatz- und Gewinnmöglichkeiten (BVerfGE 102, 197, 211; 108, 370, 384, std.Rspr.). Dass die Einführung des Mindestlohns in eine solche geschützte Rechtsposition der Klägerin eingreifen würde, ergibt weder ihr Vorbringen, noch spricht sonst etwas dafür. Das gilt umso mehr, als das bloße Innehaben einer Marktstellung eigentumsrechtlich nicht geschützt ist (BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 1987 – 1 BvR 1086/82 -, BVerfGE 77, 84, 118) und allein diese durch die mit dem Mindestlohngesetz bewirkte Ausgestaltung der Beschäftigungsbedingungen im Inland beeinflusst werden kann. Etwaige Mehraufwendungen infolge gegebenenfalls höherer Lohnkosten oder aufgrund der Nachweispflichten betreffen die Klägerin allein in ihrem eigentums-rechtlich als solchem nicht geschützten Vermögen.

cc) Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (etwa BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2011 – 1 BvR 2035/07 -, BVerfGE 129, 49, 69). Davon ausgehend, ist eine gleichheitswidrige Belastung der Klägerin durch das Mindestlohngesetz nicht zu erkennen.

Soweit sie sich in Bezug auf von ihr zu entrichtende Entsendezulagen nach polnischem Recht dadurch in gleichheitswidriger Weise benachteiligt sieht, dass inländische Konkurrenten mit vergleichbaren Zahlungspflichten nicht belastet seien, übergeht sie, dass es sich – vorausgesetzt, die von der Zollverwaltung vertretene Auffassung zur nur teilweisen Anrechnung der Zulagen träfe zu, was hier nicht zu entscheiden ist – dabei schon nicht um einen Lohnbestandteil handeln würde, es mithin insoweit schon nicht zu einer Ungleichbehandlung kommen könnte.

Die weiter geltend gemachte Ungleichbehandlung durch Melde- und Übersetzungspflichten ist durch den damit verfolgten Zweck gerechtfertigt. Insoweit kann nichts anderes als vorstehend zur Europarechtskonformität ausgeführt gelten, denn die Pflichten dienen dazu, die gegenüber ausländischen Arbeitgebern, zumal wenn diese ihre Arbeitnehmer nur für kurze Zeiträume im Inland einsetzen, nur sehr schwer zu überprüfende Einhaltung der Mindestlohnpflicht sicherzustellen, wozu diese Instrumentarien auch geeignet und erforderlich sind, ganz zu schweigen davon, dass die Übersetzungspflicht, wie schon verschiedentlich ausgeführt, für die Klägerin allenfalls stark reduziert besteht.

dd) Der Senat hegt auch keine Bedenken an der rechtsstaatlichen Bestimmtheit der hier inmitten stehenden Vorschriften des Mindestlohngesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG).

Das Rechtsstaatsprinzip gebietet, grundrechtsrelevante Vorschriften in ihren Voraussetzungen und ihrem Inhalt so klar zu formulieren, dass die Rechtslage für den Betroffenen erkennbar ist und er sein Verhalten danach einrichten kann (z.B. BVerfG, Beschluss vom 23. April 1974 – 1 BvR 6/74 -, BVerfGE 37, 132). Das Gebot der Normenklarheit zwingt den Gesetzgeber aber nicht, Regelungstatbestände für jeden denkbaren Einzelfall mit genau erfassbaren Maßstäben zu schaffen. An die tatbestandliche Fixierung dürfen keine nach der konkreten Sachlage unerfüllbaren Anforderungen gestellt werden. Es ist Aufgabe der Fachgerichte, die bei der Gesetzesanwendung auf den konkreten Einzelfall auftauchenden Rechtsfragen mit Hilfe anerkannter Auslegungsmethoden zu klären. Eine solche Auslegungsfähigkeit und -bedürftigkeit nimmt einer gesetzlichen Regelung noch nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juli 2018 – 11 K 544/16 -, juris, m.w.N.). Dies gilt auch für die Vorschriften des Mindestlohngesetzes.

Die von der Klägerin angeführten Argumente führen nicht auf eine Unbestimmtheit der Vorschriften des Mindestlohngesetzes.

Die Ansicht, schon der persönliche Anwendungsbereich des Gesetzes sei unklar geregelt, überzeugt nicht. Vielmehr ist der Wortlaut von § 20 MiLoG, wonach die Pflicht zur Zahlung des Mindestlohns für Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland unabhängig von der auf den einzelnen Arbeitsvertrag anwendbaren Rechtsordnung für jede – auch kurzzeitige – Beschäftigung von Arbeitnehmern im Inland besteht, sofern diese in den persönlichen Anwendungsbereich (§ 22 MiLoG) des Mindestlohngesetzes fallen, eindeutig und erfasst ohne weiteres auch die Klägerin, sofern sie im Inland tätig wird. Ob dies in Ansehung europa- oder verfassungsrechtlicher Verbürgungen einschränkend auszulegen ist, wie es die Klägerin anders als der Senat für zutreffend erachtet, ist keine Frage der Bestimmtheit der Vorschrift (so auch FG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juli 2018 – 11 K 544/16 -, juris, m.w.N.). Nichts anderes gilt für den Vortrag, es sei schon unklar, ob das Mindestlohngesetz für Transitfahrten gelte, was nach dem Vorbringen der Klägerin gleichfalls eine Frage einschränkender Auslegung ist.

Auch der Vorwurf, der Gesetzgeber habe es unterlassen zu regeln, welche ausländischen Vergütungsbestandteile auf den deutschen Mindestlohn anrechenbar seien, verfängt nicht. Eingedenk der Erwägung, dass keine nach der konkreten Sachlage unerfüllbaren Anforderungen an die tatbestandliche Fixierung gestellt werden dürfen, kann zum einen nicht übersehen werden, dass im in- wie ausländischen Recht eine große Vielfalt unterschiedlicher, nicht zuletzt auch durch tarifrechtliche Regelungen ausgeformte Vergütungsmodelle existiert, die sich einer generalisierenden Regelung außerhalb der durch Art. 3 Abs. 7 UAbs. 2 EntsendeRL vorgegebenen Anrechnung entziehen. Das gilt umso mehr, als die in § 1 Abs. 2 MiLoG enthaltene Regelung zur Höhe des Mindestlohns je Zeitstunde einen Mindestentgeltsatz im Sinne von § 2 Nr. 1 AEntG beinhaltet, zu dessen Auslegung auf die detaillierte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wie des Bundesarbeitsgerichts insbesondere zur Berücksichtigung verschiedener Zulagen und Zuschläge zurückgegriffen werden kann (Lakies, MiLoG, 3. A., § 1 Rn. 40 ff.), auf die sich im Übrigen auch die Klägerin beruft (bspw. EuGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – C-396/13 – „Sähköalojen ammattiliitto“ -, NZA 2015, 345).

Die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen die rechtsstaatliche Bestimmtheit der besonderen Fälligkeitsregelung in § 2 Abs. 2 MiLoG, die an die Existenz schriftlich vereinbarter Arbeitszeitkonten anknüpft, und die aus ihrer Sicht fehlende Umrechnungsregelung für in Fremdwährung geschuldeten Arbeitslohn sind im vorliegenden Verfahren ohne Belang. Während § 2 Abs. 2 MiLoG für die hier angefochtene Prüfungsverfügung schon keine Rolle spielt und der klägerische Vortrag auch nicht ergibt, dass sie Arbeitszeitkonten für ihre Mitarbeiter führen würde, lässt sich die Frage der Umrechnung ohne weiteres durch Auslegung bewältigen. Mit Recht weist der Beklagte dazu auf die Vorgabe in Art. 90 Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit hin, der – was sich auch sonst aufdrängen würde – eine Anknüpfung an den jeweils von der Europäischen Zentralbank veröffentlichten Referenzwechselkurses vorsieht, der in dem Zeitpunkt gilt, in dem der Arbeitgeber die Leistung bewirkt (so auch Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, 2. A., § 1 Rn. 81).

f) Die Prüfungsverfügung weist schließlich keine Ermessensfehler auf, § 15 Satz 1 MiLoG i.V.m. § 22 SchwarzArbG, § 5 AO.

aa) Insbesondere ist die Verfügung nicht deshalb ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig, weil die Klägerin gegenüber der Generalzolldirektion angegeben hatte, die Mitarbeiter führen im Transit, was grundsätzlich gegenwärtig nicht geprüft wird. Der Senat hat dazu im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Beschluss vom 7. Februar 2018 – 1 V 1175/17 -, DStR 2018, 927) ausgeführt:

„Die Anordnung einer Prüfung steht sowohl hinsichtlich des „Ob“ als auch des „Wie“ im Ermessen des Antragsgegners, das seine Grenze dann findet, wenn die konkrete Anordnung im Einzelfall nicht mit höherrangigem (Europa- oder Verfassungs-)Recht im Einklang steht oder sich sonst als unverhältnismäßig oder gar willkürlich erweist (Ramming, in: Düwell/Schubert, MiLoG, 2. A., § 15 Rn. 7). Der Antragsgegner muss das ihm eröffnete Ermessen nach § 15 MiLoG i.V.m § 22 SchwarzArbG, § 5 AO entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhalten. Vorliegend spricht manches dafür, dass die konkrete Prüfungsverfügung an einem Ermessensfehlgebrauch leidet, denn sie könnte im Widerspruch zu einer letztlich ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift stehen, deren Einhaltung die Antragstellerin möglicherweise verlangen kann.

a) Dem Ziel einer gleichmäßigen Ermessensausübung dienend können ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften erlassen werden, die unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung und damit der Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) ebenso wie aufgrund des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes (dazu Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. A., § 40 Rn. 104) im Verhältnis zum Normadressaten von Bedeutung sein können, sofern die Verwaltungsvorschrift ihrerseits in Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften steht. Bei der durch das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen angeordneten Aussetzung der Kontrolle und Ahndung von Verstößen nach dem Mindestlohngesetz für reine Transitverkehre dürfte es sich wohl um eine solche ermessenslenkende Richtlinie handeln, die durch die Aussetzung der Kontrollen für den Bereich des reinen Transits das den Behörden der Zollverwaltung an sich eröffnete weite Ermessen für einen Teilbereich einschränkt. So verstanden, dürfte jedenfalls die damit verbundene Begrenzung der Prüfungsbefugnisse im Hinblick auf die Gesetzesbindung der Verwaltung unbedenklich sein (dazu skeptisch Forst, ZESAR 2015, 205). Ergibt sich daraus aber die das Ermessen des Antragsgegners konturierende Vorgabe, in Transitfällen keine Prüfungen durchzuführen, dürfte sich die Antragstellerin darauf grundsätzlich auch berufen können, denn die ministerielle Anordnung ist nicht zuletzt im Hinblick auf das von der Kommission gegen die Bundesrepublik eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren ergangen und dient dazu, in Teilbereichen möglichen Verstößen gegen Grundfreiheiten entgegenzuwirken.

b) Musste der Antragsgegner die einschränkenden ministeriellen Vorgaben bei seiner Ermessensbetätigung berücksichtigen, dürfte das in einem Fall wie dem vorliegenden allerdings nicht jedwede Prüfungstätigkeit ausschließen. Vielmehr dürfte der Antragsgegner nicht gehindert sein zu prüfen, ob ein Transportunternehmen tatsächlich – wie hier selbst gemeldet – in einem bestimmten Zeitraum Mitarbeiter nur im Transitverkehr beschäftigt hat. Abgesehen davon, dass der Antragsgegner nicht zu Unrecht anmerkt, dass die Erfüllung der – an sich gleichfalls ausgesetzten – Meldepflicht (§ 16 MiLoG, § 2 Mindestlohnmeldeverordnung) durch die Antragstellerin Anlass zu der Annahme bieten könnte, die Mitarbeiter würden tatsächlich womöglich doch nicht nur im Transitverkehr eingesetzt, hätten es die Unternehmen anderenfalls in der Hand, durch ihr – gegebenenfalls rechtswidriges – Erklärungsverhalten die Durchführung von Prüfungen gänzlich ausschließen zu können.

c) Dürfte der Antragsgegner demnach unter Umständen berechtigt sein zu prüfen, ob in einem bestimmten Zeitraum Mitarbeiter eines Transportunternehmens nur im Transitverkehr beschäftigt worden sind, dürfte der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit allerdings einschränkende Anforderungen an den Inhalt der Prüfungsanordnung bedingen. Soll nämlich mit der Prüfung zunächst überhaupt geklärt werden, ob ein Unternehmen im prüfungsrelevanten Bereich tätig geworden ist, muss sich der Inhalt der Prüfungsverfügung gerade auf diesen Zweck beziehen. Erst wenn feststeht, dass kein „Transitfall“ gegeben ist, darf die Prüfung gegebenenfalls erweitert werden. Würde der Antragsgegner nämlich darüber hinausgehende Prüfungstätigkeiten entfalten wollen, obwohl das Unternehmen tatsächlich auf der Grundlage der Ermessensrichtlinie nicht der Prüfung unterliegt, so dürfte die Prüfungsverfügung rechtswidrig sein.“

Daran hält er auch für das Verfahren der Hauptsache fest. Mit Rücksicht darauf, dass der Beklagte ausgehend von dieser Auffassung des Senats seine Prüfungsverfügung stark eingeschränkt und nunmehr nur noch solche Unterlagen zur Prüfung verlangt hat, die, was auch die Klägerin nicht bestreitet, eine Beurteilung zulassen, ob tatsächlich eine ausschließliche Tätigkeit der beiden Fahrer bei Transitfahrten gegeben war, begegnet die neue Verfügung unter dem Aspekt des Übermaßverbots keinen rechtlichen Bedenken mehr.

bb) Der Beklagte hat das ihm eröffnete Ermessen auch nicht deshalb überschritten, weil er nicht befugt wäre, die nunmehr angeforderten Unterlagen (CMR-Frachtbriefe, Daten der Fahrerkarten im DDD-Format, GPS-Fahrzeugdaten) im Rahmen einer Mindestlohnprüfung anzufordern und zu prüfen.

Der Beklagte kann diese Anordnung auf § 15 Satz 1 MiLOG i.V.m. §§ 4, 5 SchwarzArbG stützen. Danach ist er befugt, sämtliche Unterlagen einzusehen, aus denen Umfang, Art oder Dauer von Beschäftigungsverhältnissen abgeleitet werden können. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist diese Befugnis nicht etwa nur auf die nach § 17 Abs. 1 MiLoG (bzw. § 1 Abs. 1 MiLoAufzV) zu führenden Aufzeichnungen beschränkt, wie sich bereits dem Wortlaut des § 15 Satz 1 Nr. 1 MiLoG entnehmen lässt, der gerade keine Beschränkung des Einsichtsrechts auf die genannten Unterlagen anordnet.

Dass die erforderten Unterlagen nicht ausdrücklich im Gesetz genannt werden, steht der Prüfung nicht entgegen, denn es handelt sich dabei um „andere Geschäftsunterlagen“ im Sinne des Gesetzes. Davon erfasst werden letztlich alle durch den Geschäftsbetrieb der Klägerin hervorgebrachten Unterlagen, soweit sie Rückschlüsse auf die Einhaltung der Mindestlohnvorschriften zulassen. Dazu gehören auch Fahrdaten einzelner Fahrer, die Aufschluss darüber geben können, ob und wann diese im Bundesgebiet unterwegs waren und welcher Tätigkeit sie hier nachgegangen sind, denn nur dies erlaubt die hinreichend sichere Feststellung, ob die Klägerin für die beiden Fahrer tatsächlich der Mindestlohnzahlungspflicht unterlag. Bei diesen Aufzeichnungen handelt es sich auch um Geschäftsunterlagen, denn die Klägerin und ihre Mitarbeiter müssen die genannten Daten aufgrund gesetzlicher Verpflichtung aufzeichnen (vgl. Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Fahrtenschreiber im Straßenverkehr und Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr). Soweit die Daten mindestens teilweise in elektronischer Form bei der Klägerin vorliegen müssen (Fahrerkarten, GPS-Daten, vgl. Verordnung (EG) Nr. 561/2006 und Verordnung (EU) Nr. 165/2014), erstreckt sich die Pflicht zur Vorlage auch auf diese elektronischen Daten (§ 5 Abs. 3 SchwarzArbG).

Auch zwingt die Prüfungsverfügung nicht zur Vorlage sämtlicher CMR-Frachtbriefe, die im Betrieb der Klägerin für den Prüfungszeitraum vorliegen. Vielmehr lässt der Wortlaut der Verfügung hinreichend erkennbar werden, dass nur solche Frachtbriefe vorgelegt werden sollen, die von den Fahrern B. und C. transportierte Waren betreffen.

Dass die Klägerin im Hinblick auf § 15 Satz 1 Nr. 2 MiLoG i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 SchwarzArbG schon nicht verpflichtet sein soll, die Prüfung zu dulden und die entsprechenden Unterlagen vorzulegen, geht fehl. Der in § 5 Abs. 1 Satz 1 SchwarzArbG enthaltene Relativsatz „die bei einer Prüfung nach § 2 Abs. 1. angetroffen werden“ bezieht sich systematisch nur auf das voranstehende Wort „Dritte“, bindet mithin die Duldungspflicht von Arbeitgebern oder Auftraggebern gerade nicht an deren Anwesenheit (so wohl auch Obenhaus, in: Obenhaus/Brügge/Herden/Schönhöft, SchwarzArbG, § 5 Rn. 17; Häberle, in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand: 220. EL 07.2018, § 5 SchwarzArbG Rn. 1).

cc) Die Prüfungsverfügung überschreitet auch nicht die dem Beklagten gezogene Grenze des Ermessens, indem sie für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum erlassen worden ist.

Die Prüfungsbefugnis des Beklagten ist nicht lediglich auf den Zeitraum beschränkt, in dem sich die Fahrer im Bundesgebiet aufhalten. Die auf § 17 Abs. 2 MiLoG gestützte Auffassung der Klägerin verkennt, dass Zweck dieser Vorschrift nicht die zeitliche Begrenzung der im Wege der Prüfung der Geschäftsunterlagen durchgeführten Mindestlohnprüfung auf den tatsächlichen Aufenthaltszeitraum ist, sondern letztlich eine vereinfachte Prüfung der im Inland beschäftigten Personen vor Ort ermöglichen soll. Insofern ordnet die Norm an, dass bestimmte für die Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtungen aus § 20 MiLoG erforderliche Unterlagen für die Dauer der gesamten Beschäftigung der Mitarbeiter im Inland, mindestens für die Dauer der gesamten Werk- oder Dienstleistung, insgesamt jedoch nicht länger als zwei Jahre im Inland bereitgehalten werden müssen. Im Hinblick auf die für ein ausländisches Unternehmen ohne inländische Niederlassung regelmäßig mit zusätzlichen Kosten verbundene Pflicht, verschiedene Geschäftsunterlagen im Inland vorzuhalten, beschränkt die Vorschrift nur die Dauer des inländischen Bereithaltens, nicht aber die Dauer der Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen an sich, die sich aus anderen Vorschriften ergibt. So zeigt § 17 Abs. 1 Satz 1 MiLoG, der eine Aufbewahrung der nach der genannten Vorschrift geforderten speziellen Arbeitszeitaufzeichnungen von mindestens zwei Jahren anordnet, dass die Aufbewahrungs- von der Bereithaltungsfrist zu unterscheiden ist.

Zudem ist anzumerken, dass die Bereithaltungspflicht aus § 17 Abs. 2 MiLoG für die Klägerin durch § 2 Abs. 3 Satz 3 MiLoMeldV dahin modifiziert worden ist, dass sie die geforderten Unterlagen im Inland regelmäßig nicht bereithalten muss. Insofern ist auch die zweijährige Bereithaltungspflicht obsolet. Gerade diese auch im Interesse der Transportunternehmen geschaffene Sonderregel zeigt aber, dass die Prüfungsbefugnis gerade nicht davon abhängen kann, wie lange Unterlagen im Inland bereitzuhalten sind.

Im Übrigen befasst sich § 17 Abs. 2 MiLoG nicht mit der Frage, in welchem Zeitraum Mindestlohnprüfungen durchgeführt werden dürfen und wie lange die Vorlage von Unterlagen im nachhinein verlangt werden kann.

dd) Die Prüfungsverfügung hat sich auch nicht durch Zeitablauf erledigt, denn die Prüfung ist unverändert möglich. Weder sind Prüfungsverfügung und mindestlohnrechtliche Aufbewahrungsfrist derart aneinander gekoppelt, dass eine Prüfung nach Ablauf der Frist von vornherein unzulässig würde, kann doch unter Umständen auch aus anderen Unterlagen die Einhaltung des Mindestlohngesetzes nachvollzogen werden, noch ist die Aufbewahrungsfrist vorliegend überhaupt abgelaufen.

Sinn der Aufbewahrungsfrist aus § 17 Abs. 1 Satz 1 MiLoG ist es, dem Beklagten innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren eine Nachprüfung der Arbeitszeitaufzeichnungen zu ermöglichen. Diese Frist hat der Beklagte eingehalten, der mit der Verfügung vom 26. März 2018 zu erkennen gegeben hat, dass er gegebenenfalls weitergehende Kontrollen für den Zeitraum vom 4. August bis 30. September 2016 durchzuführen gedenkt. In einem solchen Fall, in dem bereits eine Prüfung angeordnet ist, wäre es rechtsmissbräuchlich, wenn benötigte Unterlagen wegen Ablaufs der Frist vernichtet würden, nur weil sich die Prüfung infolge eines Rechtsstreits zunächst nicht hat fortsetzen lassen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Fristablauf gehemmt ist. Abgesehen davon, hat die Klägerin auch nicht behauptet, dass sie die Unterlagen zwischenzeitlich vernichtet hat.

ee) Auf die, im Übrigen zu verneinende, Frage, ob der Beklagte seine Prüfungsverfügung wegen der in § 1 Abs. 1 MiLoDokV enthaltenen Nachweis- und Meldebeschränkungen im Falle von oberhalb des Mindestlohns liegenden Lohnzahlungen entsprechend einzuschränken hatte, kommt es im Hinblick auf den konkreten Inhalt der angefochtenen Verfügung nicht an. Die Prüfungsverfügung dient allein dem Zweck festzustellen, ob das Mindestlohngesetz überhaupt auf die Klägerin in Bezug auf die beiden Fahrer anwendbar ist, und es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Mindestlohn unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt von der Klägerin gegenüber ihren Fahrern zu beachten wäre.

II. Der Hilfsantrag bleibt gleichfalls ohne Erfolg; er ist schon unzulässig.

1. Durch Klage kann nach § 41 Abs. 1 FGO die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

a) In diesem Sinne meint Rechtsverhältnis jede aus einem konkreten Sachverhalt resultierende, durch Rechtsnormen geordnete rechtliche Beziehung zwischen Personen oder zwischen Personen und Sachen (BFH, Urteil vom 10. November 2010 – XI R 25/08 -, juris). Die begehrte Feststellung braucht sich nicht auf das Rechtsverhältnis als Ganzes zu beziehen, sondern kann sich auf einzelne Berechtigungen oder Verpflichtungen beschränken, die aus einem umfassenden Rechtsverhältnis erwachsen. Nicht feststellungsfähig sind hingegen einzelne Vorfragen oder Elemente eines Rechtsverhältnisses (BFH, Urteil vom 18. Mai 1988 – X R 42/81 -, BFH/NV 1989, 54; Beschluss vom 17. Dezember 2009 – V B 113/08 -, BFH/NV 2010, 939).

b) Darüber hinaus muss die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des Rechtsverhältnisses i.S. des § 41 Abs. 1 FGO dartun. Das danach erforderliche Feststellungsinteresse ist eine besondere Erscheinungsform des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses. Deshalb ist die Feststellungsklage nicht gegeben, wenn der Kläger sein Prozessziel auf anderem Wege schneller, einfacher und billiger erreichen kann (vgl. BFH, Urteil vom 11. Dezember 2012 – VII R 69/11 -, juris). Sofern vorbeugender Rechtsschutz begehrt wird, bedarf es eines besonders intensiven Rechtsschutzinteresses. Geht es darum, eine behördliche Maßnahme abzuwehren, bietet die Finanzgerichtsordnung dem Rechtssuchenden neben Einspruch und Anfechtungsklage einstweiligen Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung (§ 69 FGO) bzw. einstweilige Anordnung (§ 114 FGO). Für eine Unterlassungsklage ist nur dann Raum, wenn das erstrebte Schutzziel mit diesen Rechtsbehelfen nicht erreicht werden kann, wenn also substantiiert und in sich schlüssig dargetan wird, durch ein bestimmtes, künftig zu erwartendes Handeln einer Behörde in den Rechten verletzt zu sein, und ein Abwarten der tatsächlichen Rechtsverletzung unzumutbar ist, weil die Rechtsverletzung dann nicht oder nur schwerlich wiedergutzumachen ist (vgl. BFH, Urteil vom 11. Dezember 2012 – VII R 69/11 -, juris).

c) Hinzutreten muss des Weiteren, dass die begehrte Feststellung (hier:) ein ordnungsrechtliches Verhältnis zum beklagten Hauptzollamt, nicht aber arbeitsrechtliche oder bußgeldrechtliche Vorfragen betrifft, deren verbindliche Klärung durch das Finanzgericht nicht erreicht werden kann.

d) Schließlich muss es in entsprechender Anwendung des § 40 Abs. 2 FGO möglich erscheinen, dass der Feststellungskläger in eigenen Rechten verletzt ist (vgl. BFH, Urteil vom 11. April 1991 – V R 86/85 -, BStBl II 1991, 729), denn auch die Feststellungsklage dient allein der Wahrnehmung subjektiver Rechte. Ein Kläger darf mithin grundsätzlich nicht allein im öffentlichen Interesse oder zugunsten von Dritten vom Gericht die Beanstandung rechtswidrigen Verhaltens des Staates verlangen. Der Kläger muss vielmehr Tatsachen vortragen, aus denen sich – ihre Richtigkeit unterstellt – ergibt, dass er durch den Verwaltungsakt bzw. das schlicht-hoheitliche Verwaltungshandeln unter der Voraussetzung in seinen Rechten verletzt sein kann, dass dieser Akt rechtswidrig ist. Die Klagebefugnis fehlt hingegen, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte bestehen oder ihm zustehen können (BFH, Urteil vom 21. Oktober 1970 – I R 81/68 -, BStBl II 1971, 30).

2. Von diesen allgemeinen Grundsätzen ausgehend liegt der mit dem Hilfsantrag begehrten Feststellung zur vollständigen Anrechenbarkeit polnischer (Entsende-)Zuschläge kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zugrunde. Vielmehr erstrebt die Klägerin, die Näheres zur vertraglichen Vergütung ihrer Fahrer im gerichtlichen Verfahren nicht dargetan hat, letztlich die isolierte Klärung einer abstrakten Vorfrage.

Selbst wenn dies aber anders beurteilt werden würde, kann eine verbindliche Klärung dieser Frage im finanzgerichtlichen Verfahren nicht erreicht werden. Es handelt sich insoweit nämlich im Kern um die nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) im Arbeitsrechtszug zu klärende zivilrechtliche Frage, ob und ggf. in welchem Umfang die – hier durch das Mindestlohngesetz beeinflussten – arbeitsvertraglichen Vergütungsansprüche der Fahrer durch die in Polen gesetzlich begründeten pauschalierten (Verpflegungs- bzw. Übernachtungs-)Zuschläge „Auslöse“) erfüllt werden können bzw. erfüllt worden sind.

Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Änderung der ursprünglichen Prüfungsverfügung im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens fiel kostenrechtlich nicht ins Gewicht.

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