Diese Rechte haben Verbraucher bei gekündigten Energielieferungsverträgen
Die Energiemärkte sind angespannt, die Preise für Strom und Gas steigen. Zehntausende Haushalte haben Kündigungen von ihren Versorgern erhalten. Was passiert, wenn der eigene Anbieter kein Strom oder Gas mehr liefert? Was ist bei Preiserhöhungen zu beachten? Hier ein Überblick über die Möglichkeiten der Verbraucher.
Die angespannte Lage auf den Energiemärkten und die Preissteigerungen an den europäischen Energiehandelsplätzen hinterlassen Spuren: Nicht wenige Stromanbieter haben im Laufe des Jahres 2021 mitgeteilt, die Lieferungen an ihre Kundinnen und Kunden einzustellen. Einige haben sogar Insolvenz angemeldet.
In vielen Briefen, die Gas- und Stromkunden von ihren Anbietern derzeit erreichen, geht es neben Kündigungen und Preiserhöhungen um höhere Abschlagszahlungen. Manchmal werden auch fest vereinbarte Preisgarantien einseitig aufgehoben.
Stehe ich ohne Strom und Gas da, wenn mein Anbieter nicht mehr liefert?
In Deutschland hat jeder Haushalt nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) einen Anspruch auf Grundversorgung. Diese muss immer derjenige Anbieter sichern, der die meisten Kunden in der jeweiligen Gemeinde versorgt. Dieser Grundversorger springt nicht nur ein, wenn ein Unternehmen insolvent ist, sondern auch dann, wenn der Vertrag aus anderen Gründen endet. Viele Grundversorger haben jedoch ebenfalls ihre Preise erhöht, dies angekündigt oder nehmen höhere Neukundenpreise.
Den für Sie zuständigen Grundversorger können Sie – falls ihn Ihr Anbieter diesen nicht direkt mitteilt- bei Ihrem Netzbetreiber erfragen. Ihn findet man auf der Energierechnung. Den Grundversorger findet man auch schnell übers Internet – über eine Suchmaschine seine Postleitzahl in Verbindung mit dem Grundversorger eingeben.
Ersatz- sowie Grundversorgungstarife sind häufig teurer als viele andere Angebote. Deshalb sollten betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher wissen: Sie können den teuren Vertrag beim Grundversorger in den ersten drei Monaten jederzeit, das heißt fristlos, kündigen – falls sie einen günstigeren Tarif bei einem anderen Anbieter finden. Nach Ablauf von drei Monaten in der so genannten Ersatzversorgung werden Sie automatisch dem Grundversorgungstarif zugeordnet. Diesen können Sie jederzeit mit einer Frist von 2 Wochen kündigen.
Welche Rechte haben Verbraucher bei Kündigung oder Preiserhöhungen?
Die Verbraucherzentralen raten dazu, Kündigungen beziehungsweise Preiserhöhungen, die zu Unrecht erfolgt sind, in jedem Fall zu widersprechen. Der Anbieter kann einen Vertrag nicht einseitig ändern, ohne seine Kundinnen und Kunden zu informieren. Will er beispielsweise die Preise erhöhen, muss er das mitteilen und auf ein Sonderkündigungsrecht der Kunden hinweisen. Derzeit ist ein Wechsel zu einem anderen Anbieter jedoch eher schwierig, denn günstig beliefern können aktuell nur Anbieter, die langfristige Lieferverträge abgeschlossen haben.
Verbraucherinnen und Verbraucher haben gegebenenfalls auch einen Schadensersatzanspruch gegenüber ihrem Anbieter wegen gestiegener Energiekosten. Denn der Anbieter hat sich für einen bestimmten Zeitraum zu der Belieferung mit Energie zu einem vereinbarten Preis verpflichtet. Hält er seine Verpflichtung nicht ein, indem er die Belieferung einstellt oder zu einem höheren Preis anbietet und auch nicht wirksam kündigt, kann eine schadensersatzpflichtige Vertragsverletzung vorliegen.
Gleiches gilt, wenn Kunden von ihren eigenen Versorgungsanbietern nicht mehr versorgt werden und beim Grundversorger einen höheren Preis zu zahlen haben, als sie es mit ihrem Hauptlieferanten ausgemacht haben.
Laut Bundesverbraucherministerium haben Verbraucherinnen und Verbraucher in solchen Fällen einen doppelten Schaden: Zum einen würden sie ihren gewohnten Stromanbieter verlieren, zum anderen hätten sie es plötzlich mit höheren Preisen zu tun, die nie vertraglich vereinbart waren.
Die Bundesregierung beobachtet diese Entwicklungen auf dem Strom- und Gasmarkt und prüft, ob weiterer Handlungsbedarf besteht.
Was gilt bei einer Insolvenz des Anbieters?
Ist das Insolvenzverfahren offiziell eröffnet, dürfen Verbraucher nicht mehr an den insolventen Gas- oder Stromanbieter zahlen, sondern nur noch an die Bankverbindung, die der Insolvenzverwalter mitteilt. Wurde die Belieferung durch den insolventen Versorger dauerhaft eingestellt, hat man nach Auffassung der Verbraucherzentralen ein Sonderkündigungsrecht. Ausstehende Guthaben-Forderungen gegenüber dem Anbieter kann man über ein bestimmtes Formular oder ein Onlineportal beim Insolvenzverwalter anmelden. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass Kundinnen und Kunden oft nur einen kleinen Teil ihrer Forderungen zurückerhalten und sich das Verfahren mehrere Jahre hinziehen kann.
Informationen darüber, was man sonst noch im Falle einer Insolvenz des Anbieters beachten sollte, gibt es bei der Bundesnetzagentur. Sie ist die Aufsichtsbehörde für Energieversorger, Messstellenbetreiber und Netzbetreiber.
An wen kann man sich bei Problemen wenden?
Die Verbraucherzentrale Bundesverband fordert Betroffene dazu auf, unrechtmäßig erscheinende Erhöhungen der Gaspreise auf der Website hochzuladen und Fragen dazu zu beantworten. Auch über zu hohe Strompreise können sich Betroffene dort beschweren. Außerdem gibt es dort einen Musterbrief für die Kündigung des Stromlieferungsvertrages nach Lieferproblemen.
Darüber hinaus steht der Verbraucherservice Energie der Bundesnetzagentur bei Fragen telefonisch, per E-Mail oder für schriftliche Anfragen zur Verfügung.
In Streitfällen hilft auch die Schlichtungsstelle Energie.
Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der Bundesregierung.
Bundesregierung
Mitteilung vom 10.01.2022