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Einziehung i.S.d. § 73 StGB bei einer Steuerstraftat – Reform der Vermögensabschöpfung

Einziehung i.S.d. § 73 StGB bei einer Steuerstraftat – Reform der Vermögensabschöpfung

 
 

Das Rechtsinstitut der Einziehung bedeutet „Abschöpfung“ der Taterträge und Tatmittel. Durch Gesetz vom 13. April 2017 mit Wirkung vom 01. Juli 2017 wurde die Vorschrift des § 73 Abs. 1 StGB a.F. geändert. Nunmehr wurde das Wort „aus“ durch das Wort „durch“ ersetzt. So heißt es nun: „Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an“.

 

Einziehung der Höhe nach

 

So simpel dies auf den ersten Blick erscheinen mag, die Folgen sind es nicht. Denn der Terminus „durch“ stellt eine weiter gefasste Begrifflichkeit dar. Bezogen auf Steuerstraftaten könnte das nichts anderes implizieren, als dass folglich nicht nur die hinterzogenen bzw. verkürzten Steuern der Einziehung unterliegen, was in der Vergangenheit ebenfalls nicht naheliegend war. Denn der Täter – hier der Steuerhinterzieher – hatte gerade nicht „etwas“ erlangt, als sich doch eher etwas „erspart“ zu haben. Aber auch hierzu hatte sich der BGH jüngst geäußert (BGH Beschluss vom 04. Juli 2018 – 1 StR 244/18 und Urteil vom 18. Dezember 2018 – 1 StR 36/17). So solle „etwas“ erlangen auch darin liegen, dass sich der Täter bei der Steuerhinterziehung Aufwendungen – namentlich Steuern – ersparte. Eine solche ersparte Aufwendung solle folglich auch der Einziehung unterliegen. Darüber hinaus liegt der Fokus der neuen Vorschrift – oder besser: der „Korrektur“ der Vorschrift – auf einer Vermögensabschöpfung beim Täter, der die über diese Erträge bzw. ersparten Aufwendung liegende Vorteile im Visier hat. Nicht lediglich die ersparten Steuern oder aus der Straftat erlangtes Vermögen soll eingezogen werden können, als vielmehr auch solche „Erträge“, die „durch“ die Hinterziehung erst ermöglicht wurden; und zwar im Sinne einer einfachen Kausalität. Der Steuerhinterzieher, der die ersparten Steuern für den Erwerb einer Immobilie verwendet, deren Wert nachgehend stieg, könnte folglich mit einer Einziehung der gesamten Immobilie und nicht mit dem anteilig seiner ersparten Aufwendungen rechnen. Der BGH gab in seinem Beschluss vom 18. Dezember 2018 (1 StR 36/17) gleichwohl zu verstehen, dass dies in Fällen der Steuerhinterziehung nicht gelten solle. Er führte aus, dass „Vermögensgegenstände, die durch Steuerhinterziehungen ersparte Aufwendungen in Höhe nicht gezahlter Steuern erlangt wurden, keine Surrogate des Erlangten darstellen“, denn „ersparte Aufwendungen als nicht gegenständliche Vorteile sollen sich bereits mit ihrer Inanspruchnahme verbrauchen“.

 

Adressat der Einziehung

 

Adressat der Einziehung können sowohl der Täter oder auch Tatbeteiligte sein. Insofern kann man unproblematisch auf § 25 StGB zurückgreifen. Täter ist also derjenige, der die Tat selbst oder durch einen oder mit einem anderen begeht. Beteiligte sind diejenigen, die i.S.d. § 26 und 27 StGB als solche gelten. Gleichwohl werden nunmehr auch Dritte als Adressat bei der Einziehung berücksichtigt, vgl. etwa § 73 b Abs. 2 StGB. So heißt es dort:  „Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn

1. er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat,

2. ihm das Erlangte

a) unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder

b) übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, oder

3. das Erlangte auf ihn

a) als Erbe übergegangen ist oder

b) als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist.
 

Satz 1 Nummer 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn das Erlangte zuvor einem Dritten, der nicht erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, entgeltlich und mit rechtlichem Grund übertragen wurde.

 

Hierzu gab es schon die ersten Urteile des BGH, etwa BGH 3 StR 447/18. So wurden bereits GmbH-Geschäftsführer als Adressat der Einziehung in Haftung genommen mit der Begründung, dass der Geschäftsführer und nicht die GmbH die Verfügungsgewalt über die Gegenstände bzw. in diesem Kontext „zugute“ kam. Das ist auch folgerichtig, denn nach § 73 Abs. 1 StGB ist – wie schon ausgeführt – jeder Vermögenswert abzuschöpfen, den der Tatbeteiligte „durch“ die rechtswidrige Tat erlangt hat, also alles, was in irgendeiner Phase des Tatablaufs in seiner Verfügungsgewalt übergegangen und ihm so aus der Tat unmittelbar messbar zugutegekommen ist. Bei Fällen der Steuerhinterziehung – etwa durch fingierte Auslandsrechnungen – sind das aus der Tat Erlangte die ersparten Aufwendungen – namentlich ersparte Steuerzahlungen – des Steuerschuldners. Steuerschuldner ist zwar die Gesellschaft, nicht aber der Geschäftsführer. Neben der Gesellschaft haben aber auch die Geschäftsführer „etwas“ erlangt, nämlich die ersparten Aufwendungen für eine Haftungsinanspruchnahme gem. §§ 69, 71 AO. Es wurde also deutlich gemacht, dass die ersparten Aufwendungen, nicht aber die nicht festgesetzten Steuern sind, wenngleich sich diese in selbiger Höhe bewegen werden. Im Ergebnis sind Geschäftsführer jedenfalls Adressat einer Einziehung und zwar entweder als Täter, Tatbeteiligter oder auch Dritter. Mit einem Kunstgriff wird jedoch nicht auf die hinterzogenen Steuern der Gesellschaft abgestellt, denn diese hat sich die Gesellschaft, nicht aber der Geschäftsführer erspart. Vielmehr wird auf die Vorschriften der §§ 69, 71 AO zurückgegriffen, nach denen die Geschäftsführer – genauer Vertreter der Gesellschaft – für Steuern haften.

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